Immobilienmärkte

Wohnimmobilien: "Preise weit über dem langfristigen Trend"

Den stärksten Preisanstieg bei Wohnimmobilien verzeichnen die Experten in den entwickelten Ländern. Im Bild eine Wohnsiedlung in Deutschland.
Den stärksten Preisanstieg bei Wohnimmobilien verzeichnen die Experten in den entwickelten Ländern. Im Bild eine Wohnsiedlung in Deutschland. (c) Getty Images (Bim)
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Da Sparprodukte kaum noch Renditen abwerfen, dürfte die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern weiter steigen. Erste Experten sprechen bereits von einer Preisblase.

Wohnimmobilien gelten zwar als vermeintlich si chere Anlagen, die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, wie schnell ein überhitzter Immobilienmarkt zu Preisblasen führen und die Finanzstabilität ins Wanken bringen kann. Nach den immensen Preissteigerungen der letzten Jahre werden auch jetzt wieder vermehrt Stimmen laut, die vor einer Überhitzung des Marktes warnen, denn ein Ende scheint nicht in Sicht. Gemäß dem globalen Hauspreisindex von Capital Economics (CE), der mit nationalen Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) vergleichbar ist, sind die Hauspreise heuer bereits deutlich gestiegen. Allein im ersten Quartal 2021 legten sie um nominal sieben Prozent, real um fünf Prozent zu und lagen damit deutlich über dem langfristigen Trend. "Die Triebkräfte dieser Entwicklung sind aber ganz andere als jene des Booms vor 2007", kommentiert Vicky Redwood, Senior Economic Adviser bei Capital Economics. Eine Wiederholung der durch den Immobilienmarkt ausgelösten Finanzkrise von 2007/2008 schließt sie deshalb aus. Nichtsdestotrotz gebe es Anlass zur Sorge, meint die Expertin, und die Sorgen könnten größer werden, wenn es bald zu einer Erhöhung der Zinssätze durch die Nationalbanken kommt.

Globaler Trend

Der Anstieg der Immobilienpreise ist laut CE im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen. Erstens habe die Pandemie die Nachfrage nach Wohnraum erhöht, da die Haushalte bereit seien, einen größeren Teil ihres Einkommens für die Wohnkosten aufzuwenden. Zweitens habe der weitere Rückgang der Zinssätze die Erschwinglichkeit verbessert, da der Anteil der Zinszahlungen am Einkommen gesunken ist. Und drittens hätten die Haushalte durch die großen Ersparnisse, die sie während des Lockdowns angesammelt haben, zusätzliches Geld für Anzahlungen zum Hauskauf bereitgestellt.

Besonders markant ist die Entwicklung bei deutschen Wohnimmobilien. Mit 10,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal sind die Preise im zweiten Quartal so schnell gestiegen wie seit zehn Jahren nicht mehr, vermeldete jüngst das Statistische Bundesamt. "Auch auf globaler Ebene erhöhten sich die Hauspreise im zweiten Quartal weltweit so schnell wie seit 2005 nicht mehr. In einem Drittel der 55 Länder und Gebiete, die wir beobachten, stiegen die Preise um mehr als zehn Prozent", führt Kate Everett-Allen, Head of Research von Knight Frank, aus. Die stärksten Anstiege gegenüber dem Vorjahr seien meist auf die fortgeschrittenen Volkswirtschaften beschränkt, in denen Stützungsmaßnahmen Arbeitsplätze gesichert und den Verbrauchern erhebliche Einsparungen ermöglicht haben. Dazu zählen Neuseeland (+25,9 Prozent), USA (+18,6), Australien (+16,4) und Kanada mit einem Plus von 16 Prozent. In Europa kletterten die Hauspreise am meisten in der Slowakei (+18,6 Prozent), in Schweden (+17,2) und Luxemburg (+17 Prozent). In Österreich zogen die Preise um 11,7 Prozent und in der Schweiz um 7,1 Prozent an.

Ist der Höhepunkt erreicht?

Auf einigen Märkten gibt es mittlerweile allerdings Anzeichen für eine nachlassende Nachfrage. So seien in den USA die Hypothekenanträge zurückgegangen, und der Anteil der Haushalte, die der Meinung sind, dass jetzt ein guter Zeitpunkt zum Kauf ist, erreichte im Juni mit 28 Prozent den tiefsten Stand seit zehn Jahren, heißt es in der "Global House Price Index"-Studie von Knight Frank.

Auf den ersten Blick könnte dies darauf hindeuten, dass der derzeitige Anstieg der Immobilienpreise wie in der Finanzkrise ein globales Systemrisiko darstellt. Immerhin ist das Verhältnis der Hauspreise zu den Einkommen in den OECD-Ländern insgesamt wieder auf dem Höchststand von 2007. "In anderer Hinsicht unterscheidet sich die derzeitige Situation jedoch deutlich von der Situation vor der Finanzkrise", betont Redwood. Das niedrige Zinsniveau könnte bedeuten, dass die Erschwinglichkeit viel besser sei als vor der Finanzkrise. Und die strukturell niedrigeren Zinssätze könnten somit ein dauerhaft höheres Niveau der Vermögenspreise rechtfertigen. Zudem sei die Verschuldung der Haushalte als Anteil des Einkommens auf einem viel niedrigeren Niveau als vor der Finanzkrise.

Bevorzugte Assetklasse

Die Allokationen in Wohnimmobilien haben sich in den letzten Jahren stark erhöht und dürften sich weiter erhöhen. So hat sich der Allokationsanteil nach Erhebungen von Catella Research von rund fünf Prozent im Jahr 2007 auf fast 30 Prozent im ersten Halbjahr 2021 vervielfacht. "Bis Ende 2021 werden wir ein Investitionsvolumen in Europa von rund 500 Mrd. Euro erreichen", ist sich Thomas  Beyerle, Head of Research bei Catella, sicher. Die Gründe für den rasanten Anstieg führt er unter anderem auf den defensiven, risikoaversen Charakter von Wohninvestments und die vergleichsweise hohen risikoadjustierten Renditen zurück.

Auf einen Blick

Laut einer Analyse von Knight Frank für das 2. Quartal 2021 hat sich der Anstieg der Häuserpreise zuletzt weltweit beschleunigt. Spitzenreiter mit einem Plus von 25,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal war Neuseeland vor den USA (+18,6 Prozent). In Europa kletterten die Preise am stärksten in der Slowakei ( +18,6 Prozent), gefolgt von Schweden (+17,2) und Luxemburg (+17 Prozent). In Österreich zogen die Preise um 11,7 Prozent an.

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