Nationalrat

Erster Tag in neuer Rolle: Kurz als Redner Nummer 39

Sebastian Kurz wurde am Donnerstag als Abgeordneter angelobt.
Sebastian Kurz wurde am Donnerstag als Abgeordneter angelobt.(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Der Altkanzler trat im Nationalrat erstmals als ÖVP-Klubobmann auf. In einem Facebook-Video spricht er von Enttäuschung, Resignation und Wut.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat wieder in der ersten Reihe Platz genommen - nach seinem Rückzug als Kanzler diesmal als Klubobmann im Nationalrat. Begleitet von einem medialen Spektakel zog Kurz Donnerstagfrüh in den Plenarsaal ein, wo er zu Beginn der Sitzung als Abgeordneter angelobt wurde.

Dutzende Medienvertreter warteten bereits auf den Auftritt des neuen prominenten Abgeordneten am roten Teppich, der zum Plenarsaal führt. Kurz kam mit Krawatte, Maske und seinem Vize August Wöginger im Schlepptau, der wohl auch künftig die Mühen der parlamentarischen Alltagsarbeit übernehmen wird. Betont entspannt wünschte der Altkanzler den Journalisten "einen schönen guten Morgen", bevor er die Gelegenheit nutzte, einmal mehr darzulegen, dass er einen Schritt zur Seite gemacht habe, damit die Regierungsarbeit fortgesetzt werden könne. Er werde nun als Parteiobmann und Klubobmann die Regierungsarbeit "bestmöglich" unterstützen und auch alles dafür tun, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften. Journalistenfragen waren bei dem Auftritt nicht willkommen, sie wurden von Kurz schlicht ignoriert.

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Der Neo-Parlamentarier bahnte sich lieber seinen Weg in den Plenarsaal, wo seine Klubkollegen bereits auf ihn warteten, um Hände geschüttelt zu bekommen und ein Schwätzchen mit ihrem neuen Fraktionschef zu halten. Kurz nahm in der ersten Reihe zwischen Wöginger und Peter Haubner Platz, in die zweite Reihe weichen musste dafür Michaela Steinacker.  Mit den Worten "ich gelobe" wurde Kurz offiziell zum Abgeordneten - unter Applaus teils auch aus anderen Fraktionen, aber längst nicht aller Kollegen im Hohen Haus.

Budget: Opposition sieht Mogelpackung und vergebene Chance

Thema der Sitzung am Donnerstag war das Budget. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach in der "ersten Lesung" von einer vergebenen Chance. Die arbeitenden Menschen würden nicht entlastet, vielmehr müssten sie sich die Steuerreform selber zahlen. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl nannte das Budget "die größte Mogelpackung der Zweiten Republik". Die Erzählung von Entlastung und ökologischen Lenkungseffekten sei bar jeder Effizienz. Soziale Gerechtigkeit gebe es nicht, die Steuerreform bringe einer Mindestpensionistin gerade einmal 50 Cent pro Tag. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte das Budget als "erstaunlich ambitionslos“. Von der viel beschworenen Zukunftsausrichtung sei nichts zu erkennen, die kalte Progression hätte längst abgeschafft werden können.

Auf Koalitionsseite sah man dies naturgemäß anders. ÖVP-Vizeklubchef August Wöginger betonte, das Budget sei "die Grundlage für die kommende Zeit", sei nachhaltig, sichere Stabilität und unterstütze den Wirtschaftsaufschwung nach der Coronapandemie. Nur Positives konnte auch Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer erkennen, denn: "Wir investieren, wir modernisieren und wir reformieren."

Kurz: „Der Schöpfung und unserer Umwelt schuldig“

Als Redner Nummer 39 trat Kurz ans Pult. „Die letzten eineinhalb Jahre der Pandemie haben uns viel abverlangt“, erklärte der Neo-Mandatar. Dank der Impfung könne man zur Normalität zurückkehren und die Wirtschaftsleistung steige wieder. „Unser Ziel war es, sicherzustellen, dass von diesem Aufschwung alle in unserem Land profitieren“. Es liege nun ein „solides Budget“ vor, das wichtigste sei aber die Steuerreform, betonte Kurz. Kleine und mittlere Einkommen, Familien sowie Pensionisten würden profitieren. Familien mit durchschnittlichem Einkommen würden gar keine Steuer mehr bezahlen.  

Dass klimaschädliches Verhalten künftig teurer würde und umgekehrt klimafreundliches belohnt, sei man „der Schöpfung und unserer Umwelt schuldig“. Zum Schluss betonte Kurz einmal mehr die Wichtigkeit der Corona-Impfung - nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Wirtschaft.

Video: „Nichts strafrechtlich zuschulden kommen lassen"

Donnerstagfrüh hatte Kurz ein Video auf Facebook veröffentlicht. Er könne Gefühle wie "Enttäuschung, Resignation, Wut sehr gut nachvollziehen“, betont er darin: "Denn um ehrlich zu sein, für mich hat es sich genauso angefühlt".

"Klar ist: Ich bin kein Schattenkanzler“, betont Kurz. Er habe „einen Schritt zur Seite gemacht", um eine "stabile Regierung zu sichern". Als Klubobmann und Parteichef werde er "alles tun", um Neo-Kanzler Alexander Schallenberg zu unterstützen. Die vergangenen Tage seien für viele im Land eine "emotionale Achterbahnfahrt" gewesen, so auch für ihn.

Auch auf die veröffentlichten Chatnachrichten ging Kurz noch einmal ein. Er "verstehe absolut", dass man an den Bundeskanzler besondere Erwartungen habe, was die Wortwahl betreffe. Er sei aber "kein Roboter sondern ein Mensch mit Fehlern, mit Emotionen und ja leider manchmal auch mit Formulierungen, die ich öffentlich nicht verwenden würde. Ich habe mich bereits für diese Formulierungen entschuldigt, und ich bedauere sie auch." Diese seien aber gezielt an die Öffentlichkeit gespielt worden, um der Volkspartei und ihm zu schaden. Zudem werde derzeit vieles vermischt, so Kurz, dem eine "klare Trennung" zwischen SMS-Nachrichten und strafrechtlichen Vorwürfen fehlt. "Ich habe mir in meinem ganzen Leben noch nicht strafrechtlich irgendetwas zuschulden kommen lassen", so Kurz: "Das werde ich am Ende des Tages auch beweisen."

Sebastian Kurz' Angelobung als Abgeordneter des Nationalrats:

(Red./APA)

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