Banksys geschreddertes "Girl with Balloon" brachte 19 Mio. Euro

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FILES-BRITAIN-ART-BANKSY-AUCTION(c) APA/AFP/TOLGA AKMEN (TOLGA AKMEN)
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Die Schredder-Aktion vor drei Jahren war als Kritik am Kunstmarkt gedacht, erzeugte aber einen neuen Hype.

Es war die wohl spektakulärste Aktion in der an Spektakeln reichen Karriere von Banksy: Soeben für etwa 1,2 Millionen Euro versteigert, zerstörte sich sein Werk "Girl with Balloon" auf Knopfdruck fast vollständig selbst. Der sagenumrankte Künstler hatte unbemerkt einen Schredder in den Rahmen eingebaut. Die Aktion, die Banksy offenbar von langer Hand geplant hatte, schlug ein wie eine Bombe. Nun kam das Werk erneut unter den Hammer - in geschredderter Form, wohlgemerkt.

Der Unterschied: Der Wert hat sich vervielfacht. "Love is in the Bin" für 16 Millionen Pfund (18,89 Mio Euro) plus Gebühren versteigert worden. Damit erzielte das Bild am Donnerstagabend bei Sotheby's in London deutlich mehr als den geschätzten Preis von bis zu sechs Millionen Pfund. Der neue Eigentümer des Werks wurde zunächst nicht bekanntgegeben.

Kritik am Kunstmarkt

Wie ist das zu erklären? Dr Gedanke, der Kunstmarkt eskaliere immer weiter, kiegt nahe - damit hätte der Brite Banksy, dessen wahre Identität noch immer unbekannt ist, das Gegenteil von dem ausgelöst, das er anscheinend bezweckt hatte. Der Schredder war nämlich als Kritik am Kunstmarkt gedacht, wie der laut Sotheby's 1974 geborene Street-Art-Künstler kurz nach der Aktion auf seinem Instagram-Account darstellte. Doch stattdessen trug er zum Hype bei, benannte das Werk sogar um. "Love is in the Bin", heißt das teilweise zerstörte Bild nun offiziell - die Liebe ist im Eimer.

Das Motiv ist weltweit bekannt: Ein Mädchen greift nach einem entschwebenden herzförmigen Ballon - oder hat ihn soeben losgelassen, die Deutungen gehen auseinander. Erstmals tauchte das Motiv 2002 an einer Mauer in London auf, seitdem ist es in mehreren Versionen an Wänden weltweit erschienen und wurde als Druck zigfach reproduziert. 2017 wurde "Girl with Balloon" zum beliebtesten Kunstwerk in Großbritannien gewählt - im Oktober 2018 dann die Schredder-Aktion. Vom Mädchen ist nur noch ein Teil des Kopfes zu sehen, der Ballon schwebt vor weißem Hintergrund. Der Rest des Werks schaut unten in feine Streifen geteilt aus dem Rahmen heraus. Bei Ausstellungen wollten Zehntausende das Bild sehen.

(c) Reuters

Auch die Kunstwelt war entzückt. Der "Guardian" attestierte Banksy, es handle sich um sein "größtes Werk". "Was könnte mehr wert sein als ein Banksy? Ein geschredderter Banksy!", jubelte der "Daily Telegraph". Die nicht namentlich bekannte europäische Sammlerin, die das ursprüngliche Bild für 1,04 Millionen Pfund ersteigert hatte, behielt es. Und machte nun enormen Gewinn damit.

"Es muss nur Banksy draufstehen, und die Preise schießen in die Höhe", sagt ein Kenner des Kunstmarkts in London, der nicht namentlich genannt werden will. Bisheriger Höhepunkt: Im März brachte Banksys  großes Bild "Game Changer", das den Einsatz von Ärzten und Pflegekräften in der Pandemie würdigt, 16,8 Millionen Pfund für die Universitätsklinik im südenglischen Southampton und andere Organisationen des englischen Gesundheitsdienstes NHS.

Selbst kleinere Drucke sind nicht unter einigen Zehntausend Pfund zu haben, beim Londoner Auktionshaus Bonhams ging kürzlich ein farbiger Siebdruck von "Girl with Balloon" für rund 150.000 Pfund weg. Mit seiner Anonymität trägt Banksy zum Hype bei, wie der Kunstmarkt-Kenner sagt. Tauchen neue Werke auf, wie zuletzt Mitte August an der englischen Nordseeküste, ist der Widerhall in der Berichterstattung enorm.

Banksy nutzt seinen Ruhm: Zumeist sind es sozialkritische Themen, die er mit seinen Werken anspricht. Der Kunstmarkt aber scheint auch von dem unkonventionellen Künstler nicht einzufangen zu sein.

(Ag./red.)

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