Skandinavien

Neue Links-Regierung für Norwegen

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NORWAY-GOVERNMENTAPA/AFP/NTB/OLE BERG-RUSTEN
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Die Arbeiterpartei von Jonas Gahr Støre bildet mit der Zentrumspartei eine Minderheitsregierung in Oslo. Støre hatte von 2005 bis 2012 das Amt des Außenministers bekleidet und unter anderem einen Selbstmordanschlag in Afghanistan überlebt.

Überschattet von dem tödlichen Angriff eines mit Pfeil und Bogen bewaffneten Dänen in der Stadt Kongsberg am Mittwochabend hat der neue Regierungschef in Norwegen, der Sozialdemokrat Jonas Gahr Støre, am Donnerstag sein Amt angetreten. Nach dem Wahlsieg seiner Partei im September übernahm er den Posten des Ministerpräsidenten von der Konservativen Erna Solberg, die das Land acht Jahre regiert hatte.

Die Arbeiterpartei bildet zusammen mit der in der politischen Mitte angesiedelten Zentrumspartei eine Minderheitsregierung. Das bedeutet, dass sie sowohl beim Haushalt als auch bei Gesetzesvorhaben auf die Unterstützung anderer Parteien im Parlament angewiesen ist. Von den 169 Sitzen im Parlament in Oslo hat die Arbeiterpartei nunmehr 48, die Zentrumspartei 28, ergibt 45 Prozent. Die Konservativen von Solbergs Partei „Høyre" ("die Rechte") stellen 36 Sitze.

Weibliche Minister-Mehrheit

Der Leiter der Zentrumspartei, Trygve Slagsvold Vedum, wird Finanzminister. Das Außenministerium und das Ministerium für Arbeit und Integration werden mit Frauen besetzt, die bereits in der Regierung von Jens Stoltenberg 2005 bis 2013 Ministerposten innehatten: Anniken Huitfeldt und Hadia Tajik. Insgesamt besteht das Kabinett von Støre (61) aus acht Ministern und zehn Ministerinnen. Das Durchschnittsalter ist 46 Jahre.

Am Mittwoch hatte Støre, der aus eine vermögenden Sippe von Industriellen und Schiffsmaklern kommt, Leutnant der Marine wurde und nach einem Jusstudium zunächst im Kanzleramt arbeitete, das Regierungsprogramm für die nächsten vier Jahre vorgestellt. Dazu gehören Gratisbetreuung für Erstklässler, Steuersenkungen für Geringverdiener und die Umkehr der erzwungen Vereinigung von Gemeinden im Norden des Landes. Die Klimagasemissionen sollen bis 2030 um 55 Prozent sinken. An der Ölförderung des reichen Nato-Landes (rund 5,4 Millionen Einwohner) wird auch die neue Regierung festhalten.

Linke Oppositionsparteien und Umweltverbände vermissen indes ein grünes Profil im Regierungsprogramm. „Die Klima- und Naturkrise lässt sich nicht mit guter Rhetorik und guten Wünschen lösen", sagte Audun Lysbakken von der Partei „Sozialistische Venstre", mit der die Minderheitsregierung eine Zusammenarbeit anstrebt.

Bombenanschlag überlebt

Støre war anno 2000/2001 in der ersten Amtszeit von Premier Stoltenberg dessen Stabschef und Staatssekretär im Kanzleramt. Nach Zwischenstationen bei einem Thinktank und dem Norwegischen Roten Kreuz wurde er 2005 Außenminister im Kabinett Stoltenberg II und überstand 2008 einen Selbstmordanschlag in einem Hotel in Afghanistan unverletzt. 2012 wechselte Støre im Zuge einer Minister-Rochade ins Gesundheits- und Sozialministerium, wo er bis zur Machtübernahme der Konservativen 2013 amtierte. Danach war er im Parlament und der Arbeiterpartei tätig, die er im Juni 2014 übernahm, nachdem Parteichef Stoltenberg zum neuen Nato-Generalsekretär berufen worden war.

via REUTERS

Bei der Parlamentswahl 2017 lag seine Arbeiterpartei zwar voran, scheiterte aber an einer Regierungsbildung anstelle der Konservativen. Er gehört ideologisch dem rechten Flügel der Arbeiterpartei an und wird mitunter als Teil einer „Gruppe von Managern aus den besseren Bezirken von Oslo" wahrgenommen.

(APA/DPA/wg)

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