IWF: China sitzt auf dem längeren Ast

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Peking erhält mehr Stimmrechte im Internationalen Währungsfonds. Ein "Abwertungskrieg" wurde dafür vorerst abgewendet. Die USA und andere Länder drängen schon länger auf eine Aufwertung der chinesischen Währung.

Der chinesische Notenbankchef Zhou Xiaochan hatte leicht reden, als er vor zwei Wochen den Unterschied zwischen westlicher und chinesischer Währungspolitik erklärte: Im Westen würde man auf „Schocktherapie“ setzen, um Krankheiten über Nacht zu beseitigen, in China dagegen auf Kräuter, um das Übel schrittweise zu bekämpfen. So wolle man auch die chinesische Währung Yuan aufwerten– langsam und Schritt für Schritt, keinesfalls jedoch überstürzt.

Die USA und andere Länder drängen schon länger auf eine Aufwertung der chinesischen Währung. Diese werde ihrer Ansicht nach künstlich niedrig gehalten, um der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China einen Wettbewerbsvorteil im Welthandel zu schaffen, der sich nach der Krise wieder erholt. In China sieht man das freilich anders: Dort argumentiert man, es seien vielmehr die USA, die den Dollar künstlich abwerteten.


Handelskrieg droht.
Tatsächlich wetteifern derzeit China, die USA, Japan und Brasilien darum, ihre eigene Exportwirtschaft zu stärken, und werten ihre Währungen ab oder stemmen sich gegen eine Aufwertung. Das veranlasste Politiker und Wirtschaftsexperten wie Dominique Strauss-Kahn, Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), dazu, vor einem gefährlichen Abwertungswettstreit zu warnen, der im schlimmsten Fall in einen Handelskrieg münden könnte– wenn etwa die USA Importzölle auf chinesische Waren einheben und China seinerseits mit Zöllen auf US-Waren kontert.

In diesem Wettstreit hat China allerdings die besseren Karten: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt könnte sich am ehesten leisten, ihre Währung aufzuwerten, ohne die aufkeimende Konjunktur abzuwürgen: Denn die Wirtschaft wächst zweistellig, auch der Inlandskonsum erhöht sich dank steigender Löhne in den Industriezentren. Doch China legt derzeit sein Augenmerk vor allem auf die weitere Stärkung des Außenhandels.

Das bevölkerungsreichste Land der Erde befindet sich in einer beispiellosen wirtschaftlichen Aufholjagd und hat nicht nur Deutschland als weltgrößte Exportmacht abgelöst, sondern auch Japan auf den Platz drei der größten Volkswirtschaften der Welt verwiesen. Doch ist den Chinesen bewusst, dass ein ständiges Niedrighalten des Yuan auch ihnen selbst schaden kann: China und die USA sind voneinander abhängig: Schwächelt die US-Wirtschaft, hat das Auswirkungen auf Chinas Exportwirtschaft. Und können die USA ihre Schulden nicht mehr bezahlen, hat China als einer der größten Gläubiger ein Problem. Deshalb bekennt man sich zu einer Aufwertung des Yuan. Den USA kann es aber nicht schnell genug gehen.

Keine protektionistischen Maßnahmen. Ein Währungskrieg dürfte nun vorerst abgewendet sein: Am Wochenende haben sich die zwanzig einflussreichsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) bei ihrem Treffen in Südkorea im Wesentlichen auf zwei Punkte geeinigt: China erhält deutlich mehr Einfluss im IWF als bisher. Und die G-20-Staaten verpflichten sich, für „marktbestimmte“ Wechselkurse zu sorgen, um einen Abwertungswettlauf zu verhindern. Das bedeutet eine Aufwertung des Yuan. Zugleich versprachen alle, auf protektionistische Maßnahmen verzichten zu wollen.

Dafür verzichten die Industriestaaten, vor allem die europäischen, auf Stimmgewicht zugunsten der Schwellenländer, vor allem Chinas. Die Reform soll 2011 in Kraft treten. Formal muss noch der IWF-Direktoriumsrat zustimmen. Die G-20 vertreten aber 80 Prozent der IWF-Stimmrechte.

Die übrigen Punkte blieben allgemein: Einmal mehr beschlossen Minister und Notenbanker, dass man globale Ungleichgewichte reduzieren wolle, die die wirtschaftliche Erholung bedrohten. Vor allem das unterschiedliche Wachstumstempo der Staaten macht ihnen Sorgen. Französische Politiker appellieren regelmäßig an Deutschland, lieber seinen Binnenkonsum als seine Exportwirtschaft zu stärken, Deutschland hat diesem Ansinnen bisher stets eine Abfuhr erteilt. Auch in Sachen Bankenregulierung ist die interessanteste Frage offen, nämlich inwieweit auch die USA die schärferen Risikovorschriften für Banken („Basel III“) umsetzen: Die Europäer wollen diesmal sichergehen, dass sie das tun. Den Vorgänger von Basel III, BaselII, haben die USA nicht eingeführt. Beschlossen worden sind die Regeln, die für Banken eine höhere Kernkapitalquote vorschreiben, im September im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2010)

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