Branchenthemen

Expo Real 2021: Weniger Trubel, mehr Stimmung

Heuer besonders gern genutzt: Die Grünfläche zwischen den Ausstellungshallen.
Heuer besonders gern genutzt: Die Grünfläche zwischen den Ausstellungshallen.Daniela Mathis
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Die Immobilienmesse Expo Real fand heuer in München mit rund der Hälfte an Besuchern und Ausstellern statt. Neben Corona war eindeutig Nachhaltigkeit das bestimmende Thema.

Eine Halle weniger an Ausstellungsfläche, kaum Gedränge in den Gängen zwischen den Messeständen, freie Sitzplätze in der sonst hoffnungslos überfüllten U-Bahn. Und vor allem: mehr Zeit für Gespräche. Die größte Immobilienmesse im deutschsprachigen Raum präsentierte sich vom 11. bis 13. Oktober mit 1198 Ausstellern und 19.200 Teilnehmern locker und positiv gestimmt.

Ersehntes Branchentreffen


„Die Branche hat darauf gewartet, sich wieder zu treffen“, meint etwa Claudia Brey, ÖBB Geschäftsführerin. „Und es ist besser besucht als erwartet.“ Wer da sei, der wolle auch da sein, so der allgemeine Tenor – und sei entsprechend motiviert, etwas zu tun. „Man freut sich, die Gespräche haben Substanz“, fasst es Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter EHL, kurz zusammen. Und Buwog-Geschäftsführer Andreas Holler scherzt: „Man hat heuer mehr Luft mit der FFP2-Maske als vor der Pandemie ohne sie.“
Dabei sind die Themen durchaus ernst: Der Bausektor ist weltweit für etwa 50 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, die Zementindustrie allein für acht Prozent der globalen Treibhausgase. Dazu kommen Versorgungsengpässe für Rohstoffe sowie die massive Bodenversiegelung.

Kostenfaktor Klimaziele


„Wir sind in der Pflicht, und wir haben die Möglichkeit, unseren Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten“, sagt Heinz Fletzenberger, Vorstand Süba. Erstmals mit eigenem Stand vertreten, habe man zwar nicht so viel von der Messe gesehen, aber „die positive Stimmung ist greifbar“. Eben sei man mit dem Goldpreis der DGNB/ÖGNI-Zertifizierung für das Projekt Klee Living im 23. Bezirk ausgezeichnet worden: Fotovoltaik, Bauteilaktivierung, Erd- und Luftwärmepumpe, Geothermie und Wind Peak Shaving wurden eingesetzt. „An Zertifizierungen geht kein Weg mehr vorbei.“ Denn institutionelle Investoren würden nur noch zertifizierte Objekte kaufen, egal, ob zur Anlage oder zur Vermietung. Das bestätigt Holler: Börsenotierte Konzerne interessierten sich für konkrete Zahlen zur CO2-Emission. „Hier müssen wir Tools entwickeln.“

Ungewöhnlicher Anblick: viel Platz statt dicht gedrängter Stände.
Ungewöhnlicher Anblick: viel Platz statt dicht gedrängter Stände.Daniela Mathis

Zertifizierungen seien notwendig, aber man dürfe nicht im Klein-Klein lokaler Regeln verharren, meint Markus Arnold, CEO Arnold Immobilien. Er ist derzeit in zehn Ländern, vor allem in Nordeuropa, aktiv, in der Coronazeit wurde das Büro in Lissabon mit vorerst drei Mitarbeitern aufgebaut. „Wenn ich eines gelernt habe als Unternehmer: Europa muss in einer Sprache sprechen. Zehn verschiedene Verordnungen, zehn Lösungen, das ist kein Auftritt nach außen.“
Apropos Internationalität: Sie ist auf der Expo 2021 gering. Und nicht nur da: „Die Investorenlandschaft ist eine andere geworden“, sagt Pöltl. „War sie vor Corona global vernetzt, so sehen wir heute vorrangig Kapital aus dem deutschsprachigen Raum.“

Stadtplätze mit Mehrwert


„Dass das Projekt im Vergleich zu einem Neubau 67 Prozent weniger CO2-Ausstoß aufweist, ist doch erstaunlich“, meint Sebastian G. Nitsch, CEO von 6B47 Real Estate Investors AG zum laufenden Projekt Francis im Althanquartier, anhand dessen eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt wurde. Bekanntlich wird am Franz-Josefs-Bahnhof das ehemalige Bankgebäude zu einem kleinen Stadtgrätzel umgebaut. Das Stahlbetonskelett bleibt erhalten. „Wir wollten das konkret in Zahlen fassen, um begreifbar zu machen, an welchem Klimahebel wir in der Baubranche wirklich sitzen.“

Wolfdieter Jarisch, Gesellschafter S+B Gruppe, setzt mit dem Projekt Am schönen Platz gemeinsam mit André Heller als Gartengestalter eine kleine Stadtoase mit marokkanischem Flair in Favoriten um. „Der öffentliche Grünbereich soll dabei auch den Anwohnern zugutekommen“, sagt er und zeigt damit den ebenfalls starken Trend auf, die Umgebung mit einzubeziehen. Das Gleiche gilt, wenn auch in weit größerem Ausmaß, für die ÖBB-Entwicklungsprojekte Neues Landgut in Wien (Baubeginn Bildungscampus April 2021) und Die Remise Amstetten, „unser spannender Prototyp für ähnliche Standorte außerhalb von Ballungszentren“, erklärt Brey.
Drees & Sommer Österreich setzte schon mit seinem Expo-Stand ein Statement: Holzboden und Gerüstwand werden immer wieder verwendet. „In Echt“ werde in Vorfertigung produziert. „Auch wenn das ein neues Planungsverständnis erfordert: Ökologisches Material und effiziente Logistik lassen sich bestens kombinieren“, sagt Georg Stadlhofer.

Daten und Themen

Die erste Expo-Real-Messe nach Corona zählte 1198 Aussteller aus 29 Ländern und 19.200 Teilnehmer aus 52 Ländern – weit weniger als die 46.747 Teilnehmer aus 76 Ländern 2019 (2020 entfiel die Messe).

Klimaziele. Im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets sieht die EU-Kommission Einsparungen der Netto-Treibhausgasemissionen in den nächsten zehn Jahren vor. Auch in der Baubranche müssen die Emissionen stark gesenkt werden. Wege zum Ziel: Einsatz ökologischer Baustoffe und Baustoff-Recycling, erneuerbare Energie und Energienetze, effiziente Baustellenlogistik.

Zinsentwicklung. „Ich erwarte für Ende 2023 den ersten Zinsschritt von Christine Lagarde, EZB“, sagte Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba-Landesbank Hessen-Thüringen, auf der Messe in ihrer Keynote. Ob eine Geld- oder Immobilienblase im Anmarsch sei, beantwortete Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg: „Bisher noch nicht in Sicht.“


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