Elektro-Neuheit

EV6: Kia in der Stratosphäre

Voll in Fahrt: Mit dem EV6 erweitert Kia das Sortiment um ein BEV auf einer eigens dafür konzipierten Plattform.
Voll in Fahrt: Mit dem EV6 erweitert Kia das Sortiment um ein BEV auf einer eigens dafür konzipierten Plattform. (c) www.weigl.biz
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Kia feiert mit dem EV6 einen wuchtigen Einstand auf dem Spielfeld der Elektrischen, die ausschließlich für diesen Zweck konzipiert sind: Mit etwas Techno-Support aus Kroatien und stilistischer Inspiration aus Italien.

Als den anderen Teil eines Doppelschlags bringt sich der Hyundai-Konzern nun mit dem Kia EV6 als globaler Player im BEV-Segment in Stellung, vorangegangen war ja bereits die Vorstellung des Hyundai Ioniq 5.
Beide Modelle verfügen über die Besonderheit einer 800-Volt-Architektur, wie das sonst bislang nur der Porsche Taycan tut (samt Audi-Derivat), und das liegt am frühen Engagement der Südkoreaner beim kroatischen Elektro-Performance-Spezialisten Rimac, an dem neben Porsche eben auch Hyundai Anteile hält.


Was bringt die Chose? Höhere Spannung lässt mehr Strom fließen, dadurch steigt die mögliche Leistung beim Laden und Entladen, hilft aber auch beim Gewichtsparen, denn auf diese Weise können Kabel und andere Bauteile schlanker ausgeführt werden.
Es ist zudem der erste Kia (wie auch Hyundai), der auf einer reinen BEV-Plattform basiert. Sie erlaubt dem EV6 bei einer nicht ausufernden Länge von unter 4,7 Metern opulente 2,9 Meter Radstand, was an Bord die Platzverhältnisse einer Luxuslimousine schafft.
Königliches Sitzen im Fond also, mit der Einschränkung, dass die Füße etwas höher stehen, weil unterflur eine Menge Batterien beherbergt sind. Zwei Akku-Größen werden angeboten; 58 und 77,4 kWh, es sei gleich erwähnt, dass der bisherige Bestelleingang nahezu geschlossen der größeren zuneigt. Bei der resultierenden Reichweite spielt die Motorisierung eine Rolle, denn man kann nur eine, die hintere, oder beide Achsen antreiben lassen, mit Auswirkungen auf Gewicht und Stromverbrauch.

Bildschirm-Landschaft in Cinemascope: Auch das umfassend digitalisierte Cockpit eine Marken-Premiere.
Bildschirm-Landschaft in Cinemascope: Auch das umfassend digitalisierte Cockpit eine Marken-Premiere. (c) WWW.WEIGL.BIZ

Schnelles Laden

Auch der „Frunk“ (Kofferraum vorn) ist kleiner, wenn dort ein E-Motor haust. Vermutlich ist Heckantrieb sogar zu bevorzugen, da man den vorderen Motor meist nur mitträgt, ohne ihn zu nutzen: Traktion ist im BEV weniger Thema als in konventionellen Autos. Mit Heckantrieb und 168 Kilowatt (229 PS) Spitzenleistung ergibt sich der Bestwert von 528 Kilometer nach WLTP; zieht man zehn Prozent ab, kommt man auf einen verlässlichen Wert in der Praxis, so die Umstände nicht absolut nachteilig sind (flotte Autobahn, Eiseskälte). Und Laden sollte kein Langzeitprojekt sein: Bei 700 Volt maximaler Spannung (die Einstiegsvariante hat 522 Volt) sind bei Gleichstrom 240 Kilowatt Ladeleistung drin, so bekommt man an der passenden Ladesäule binnen viereinhalb Minuten Fahrt für 100 Kilometer in die Akkus.
EV6 – die Zahl im Namen deutet an, dass die Marke auf dem Gebiet einiges vorhat: Von eins bis neun soll es dereinst reichen. Wobei es über dem 6er mehr in die Höhe als in die Länge gehen wird.
Stilistisch haben die Designer unter der Leitung von Maestro Luc Donckerwolke alle Register gezogen, da gibt es kaum einen Flecken auf dem und vor allem im Fahrzeug, der nicht zur näheren Betrachtung, ja zum Staunen einlädt. Digital bleiben keine Wünsche offen, Cinemascope die Display-Landschaft; es reicht bis zur App, über die man fahrerlos aus der Parklücke schieben lassen kann.

Viel Ornament, weniger klassisch in Chrom gefasst als dreidimensional in Oberflächen gefräst und gelasert, kühne Schwünge und ein paar Hinweise, mit denen der italienischen Carrozzeria-Legende Bertone Reverenz erwiesen wird: Tatsächlich soll Donckerwolke dem Team einen Lancia Stratos aus Eigenbesitz als Inspiration ins Studio gestellt haben. EV6-Fahrer sollten sich mit der epochalen Schöpfung des Marcello Gandini zumindest ein wenig vertraut machen.

Die wuchtige Heckpartie mit dem aerodynamisch unverzichtbaren Bürzel, geschmückt durch ein durchgängiges Leuchtenband, ergibt die markanteste Ansicht des EV6. Für Unterscheidbarkeit ist jedenfalls gesorgt.

Unkonventionell, überraschend: Design-Maestro ist für das Styling des EV6 verantwortlich.
Unkonventionell, überraschend: Design-Maestro ist für das Styling des EV6 verantwortlich.(c) www.weigl.biz


Auch fahrerisch gilt dies, jedenfalls zum weniger agil ausgelegten Gegenpart aus dem eigenen Haus. Man versteht es bei Kia als Markentradition, dass sich die Autos einen Deut hetziger fahren lassen als andere im Segment – wir haben das auf einer schnellen Bergpassage einer Probe unterzogen. Zwar lässt es die Fuhre etwas an Gefühl für Lastwechsel und an Rückmeldung von der Lenkung missen, aber das ist eher als BEV-Charakteristikum denn als Schwäche zu sehen. Sportliches Hochgefühl droht nicht aufzukommen, aber ohne Zweifel lässt sich der EV6 (auf unspektakuläre Weise) spektakulär schnell und dabei fast irritierend sauber dirigieren.

Zur Ausstattung sei noch gesagt, dass in der Grundvariante schon ein komplettes Auto vorhanden ist, sogar eine Wärmepumpe zählt dazu, und die will man in einem Elektroauto schon haben.

Raumwunder, Blickfang, Techno-Zampano, ein Haucherl Sportwagen: kein bescheidener Einstand, den Kia mit dem EV6 feiert.

Kia EV6

Maße L/B/H 4680/1880/1550 mm (GT-Line: L=4695 mm). Radstand 2900 mm. Leergewicht 1870 (RWD) bis 2105 kg (AWD). Kofferraum 480–1300 Liter (Frunk: 20/52 Liter AWD/RWD).

Antrieb Permanent-Magnet-Synchronmotor. Eingang-Getriebe. Leistung max. von 125 kW bis 239 kW („GT-Upgrade“: max. 430 kW). Vmax 185 km/h.

Preise (Ausstattungslevel „Air“)
58 kWh/125 kW/RWD ab 43.990Euro. 77,4 kWh/168 kW/RWD ab 49.890 Euro.
77,4 kWh/239 kW/AWD ab 53.790 Euro.

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