Verhaltenskodex

"Völlig unangemessen": ÖVP-Ethikrat kritisiert Kurz-Chats

Einige der Chats von Sebastian Kurz widersprechen dem ÖVP-Verhaltenskodex.
Einige der Chats von Sebastian Kurz widersprechen dem ÖVP-Verhaltenskodex.(c) imago images/SEPA.Media (Martin Juen via www.imago-images.de)
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„Die Wortwahl und der mangelnde Respekt" in einigen der an die Öffentlichkeit gelangten Chats widersprechen laut Ethikrat dem Verhaltenskodex für ÖVP-Politiker.

Der Ethikrat der ÖVP kritisiert Aussagen von Parteiobmann und Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz in den bekannt gewordenen Chats. Das Gremium unter der Leitung der früheren steirischen Landeshauptfrau Waltraut Klasnic "stellt fest, dass die Wortwahl und der mangelnde Respekt in einigen der an die Öffentlichkeit gelangten Chats völlig unangemessen und abzulehnen ist und dem Verhaltenskodex widerspricht, auch wenn es sich nicht um öffentlich getätigte Äußerungen handelt".

Gleichzeitig hält der Ethikrat in seinem Beschluss aber auch fest, diese sei "ohne Beachtung von Datenschutz und Privatsphäre öffentlich gemacht. Vor allem wurden sie auch ohne Rücksicht auf sämtliche Begleitumstände und aus dem Zusammenhang gerissen öffentlich."

Ethikrat fordert „respektvollen Umgangston auch in der privaten Kommunikation"

"Der Ethikrat nimmt die dafür erfolgte Entschuldigung zur Kenntnis", heißt es in der Erklärung. Kurz hatte zuletzt gesagt, dass er manche Formulierungen so nicht mehr verwenden würde und sie "bedauert". Der Ethikrat erwartet, "dass ein derartiger Umgangston künftig nicht nur unterlassen wird, sondern dass vielmehr ein respektvoller Umgangston auch in der privaten Kommunikation von Funktionsträgerinnen gepflogen wird".

Die in staatsanwaltschaftlicher Untersuchung befindlichen Sachverhalte kann der Ethikrat nach eigenen Angaben derzeit nicht beurteilen. "Diesbezüglich hat auch die Unschuldsvermutung zu gelten." Die weitere Entwicklung will der Ethikrat "aufmerksam beobachten und begleiten".

Sanktionen, die theoretisch bis hin zu einem Parteiausschluss reichen könnten, hat der Ethikrat - abseits der genannten Empfehlung, einen derartigen Umgangston zu unterlassen - nicht ausgesprochen.

Ethikrat und Verhaltenskodex

Die ÖVP hat sich unter der Obmannschaft von Michael Spindelegger 2012 einen Verhaltenskodex gegeben und einen Ethikrat unter der Leitung der früheren steirischen Landeshauptfrau Waltraut Klasnic eingesetzt, der die Einhaltung diese Kodex überwachen soll.

Der Ethikrat wird "bei Verdacht eines Verstoßes gegen den Verhaltenskodex" aufgrund eines Auftrags des Parteiobmanns/der Parteiobfrau oder von Amts wegen (unter Verständigung des Parteiobmanns/der Parteiobfrau) tätig. Nach Abschluss des Verfahrens trifft der Ethikrat "eine Feststellung, dass der Verhaltenskodex eingehalten oder verletzt wurde und schlägt gegebenenfalls dem jeweils statutarisch zuständigen Parteigremium die Ergreifung von geeigneten Maßnahmen und Sanktionen (bis hin zum Parteiausschluss) vor", heißt es auf dessen Internetseite.

Den Verhaltenskodex hat die ÖVP 2012 im Bemühen beschlossen, "verloren gegangenes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik zurückzugewinnen". Er soll "die Arbeit der Politikerinnen und Politiker mit notwendigen Standards als Leitlinie begleiten" und so auch die Wahrung der von der Volkspartei vorausgesetzten Standards gewährleisten. Wörtlich heißt es darin: "Wer öffentliche Aufgaben wahrnimmt, hat eine Vorbildfunktion, er verkörpert die Sichtbarkeit eines guten politischen Verhaltens und steigert damit das Vertrauen in Staat und Politik. Daher ist für politische Funktionsträgerinnen und Funktionsträger ein strenger Maßstab nicht nur bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben, sondern auch im allgemeinen Verhalten notwendig."

"Politische Funktionsträgerinnen und Funktionsträger der ÖVP müssen Format haben und Format geben", heißt es im Verhaltenskodex und weiter: "Sie sollen eine solide berufliche Grundlage haben, um nicht von der angestrebten politischen Funktion abhängig zu sein."

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(APA)

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