IHS: Budget 2011 macht Schuldenberg nicht kleiner

IHS-Chef Bernhard Felderer sieht Österreichs Schuldenberg durch das neue Budget nicht schrumpfen
IHS-Chef Bernhard Felderer sieht Österreichs Schuldenberg durch das neue Budget nicht schrumpfen(c) REUTERS (LISI NIESNER)
  • Drucken

Die Stiftungs- und Aktienbesteuerung sieht IHS-Chef Bernhard Felderer skeptisch, die Erhöhung der Mineralölsteuer werde durch die höhere Pendlerpauschale "konterkariert". Die Kürzungen bei Familien seien "schade".

Im Institut für Höhere Studien (IHS) fällt eine erste Beurteilung des am Samstag vorgelegten Spar- und Steuerpakets zurückhaltend aus. Generell sieht IHS-Chef Bernhard Felderer im skizzierten Pfad bis 2014 noch keine nachhaltige Konsolidierung der Schulden, begrüßt aber, dass das Defizit ein Jahr früher als ursprünglich anvisiert unter 3 Prozent landen soll. Skeptisch kommentierte er die geplante Erhöhung der Zwischensteuer für Privatstiftungen, auch die Auswirkungen einer Steuer auf Aktiengewinne ohne jegliche "Spekulations-Frist" müsse man sich genau anschauen. Die Erhöhung der Mineralölsteuer (MöSt) werde zum Teil durch die gleichzeitige Aufstockung des Pendlerpauschales "konterkariert".

In der "Zeit im Bild" Sonntagnacht bezeichnete Felderer die Steuererhöhungen als "ganz geschickt gewählt", wenn auch die "Gesamtmenge hätte geringer sein können". Ab 2013 werde man "mit diesem Budget die Schulden gut zurückführen können". Allerdings: Langfristige Strukturreformen seien unabdingbar, aber nur mit den Ländern zu machen. "Diese Dinge sind noch nicht angesprochen."

"Jobticket" als "kluge Maßnahme"

Das Ausmaß der MöSt-Anhebung sei ohnehin eher "bescheiden", meinte Felderer zu den Detailmaßnahmen. Dass die Pendlerpauschale im Gegenzug um fünf Prozent erhöht werden soll, stehe dem "Umweltargument" eher entgegen. Eine "kluge Maßnahme" seien dagegen geplante steuerliche Anreize für Fördermaßnahmen des Arbeitgebers für die Anreise der Mitarbeiter ("Jobticket" nennt das die Regierung).

Details vermisst Felderer noch bezüglich einer 25-prozentigen Zwischensteuer für Privatstiftungen. "Wenn man die Zwischensteuer erhöht, ist jeder Vorteil einer Stiftung weg", meinte er. Genau prüfen werde man im IHS die Effekte einer 25-prozentigen Abgabe auf Aktiengewinne. Bisher mussten diese nur bei Veräußerung binnen Jahresfrist versteuert werden. Eine Maßnahme, die vor langer Zeit eingeführt wurde, um zum Ansparen fürs Alter auf dem Kapitalmarkt zu animieren, gibt Felderer zu bedenken - "dieser Anreiz soll jetzt offenbar wegfallen".

Es gelte genau zu untersuchen, ob die Aktien-Kapitalertragssteuer eher obere Einkommensgruppen betreffe oder auch mittlere Schichten. Im ersten Fall würde die neue Maßnahme laut Felderer durchaus eine Umverteilung der Belastung bedeuten - im zweiten Fall hätte sie dagegen "nur eine Geldbeschaffungsfunktion".

Einschnitte bei Familien seien "Schade"

Positiv findet der Wirtschaftsforscher, dass die großen Infrastrukturprojekte wie etwa Bahntunnel nicht abgeblasen werden. Ebenso begrüßt wird von ihm die Einigung auf eine Studieneingangsphase im Abtausch für mehr Geld für die Universitäten. "Schwach" dagegen seien die Maßnahmen in Sachen Hacklerpension - hier wird ja der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten verteuert -, allerdings müsse man beim "heißen Eisen Pensionssystem jeden kleinen Schritt begrüßen".

Dass es im Familienbereich deutliche Einschnitte gibt, bezeichnet Felderer schließlich zwar als wenig überraschend, aber doch "schade - da haben wir uns gerühmt, mehr zu tun als andere, nun sind wir weit hinter europäischen Musterländern wie Frankreich oder Dänemark zurück".

Anders sieht das Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller. Als "empfindlich" bezeichnete sie die Kürzungen von Familienleistungen. Bei der Streichung des Alleinverdiener-Absetzbetrags für Familien ohne Kinder empfiehlt sie eine Übergangsregelung. Grundsätzlich positiv fand sie die Offensivmaßnahmen im Schulbereich, gab aber zu bedenken, dass diese 80 Mio. Euro geringer sind als die vorgegebenen Einsparungen im Schulbereich.

Für Schratzenstaller enthält das Budget "viele sinnvolle Maßnahmen". Konkret nannte Schratzenstaller die Tabaksteuer und die umweltbezogenen Abgaben. Sie mahnte aber, dass Umweltabgaben in ein konsistentes System von Umwelt- und Energiesteuern eingebaut werden sollten. Wenn die Konsolidierung vorbei ist, sollte man mittel- und langfristig eine Steuerreform machen, die eine Entlastung des Faktors Arbeit und Lenkungseffekte im Umweltbereich bringe. Dazu bedarf es einer Steuerreformkommission, so Schratzenstaller.

Wifo: Kleinverdiener trifft es stärker

Die Aufteilung der Steuerbelastung sei grundsätzlich breit angelegt, allerdings seien die oberen Einkommen vergleichsweise moderat betroffen. Die unteren Einkommensschichten seien durch die Steuermaßnahmen nicht übermäßig belastet, allerdings von den Einsparungen stark betroffen. Die Erhöhung der Mineralölsteuer treffe Niedrigverdiener mehr, sei aber durch die Anhebung des Pendlerpauschales abgemildert. Schratzenstaller hätte sich allerdings in diesem Punkt eine ökologische Komponente gewünscht.

Auch die Tabaksteuer belaste Kleinverdiener mehr, sei aber sinnvoll, weil sie einen Lenkungseffekt habe. Bei der Besteuerung von Aktien sah sie hauptsächlich die oberen Einkommensschichten betroffen, da 10 Prozent der Aktienbesitzer 80 Prozent der Wertpapiere halten. Man könnte aber für Investitionen in die Pensionsvorsorge Ausnahmen überlegen.

Die Wifo-Expertin betonte weiters, dass mit den Pensionsanpassungen und Beamtengehältern für 2011 noch zwei wichtige Bereiche offen seien. Alleine bei den Pensionen gehe es um 400 Mio. Euro. Schratzenstaller rät in beiden Fällen zu sozial gestaffelten Anpassungen. Im Bereich der Pensionen müsse es zudem darum gehen, mittel- und langfristig nachhaltige Reformen zu überlegen.

Fehlende Sturkturreformen

Weiter offen bleibt auch eine große Strukturreform, "weil die Länder außen vor gelassen wurden", kritisierte die Expertin. Hier seien große Brocken zu holen, allerdings seien dazu die Länder notwendig. Die Regierung habe das Notwendige für 2011 getan, jetzt gehe es aber darum, eine große Strukturreform anzugehen.

>> Details: Wer wie zur Kasse gebeten wird

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.