Hadi Amirpour

Der Mann mit dem goldenen Code

Hadi Amirpour entwickelte mit seinem Team eine Methode, um den Codiervorgang für die verschiedenen Qualitätsstufen beim Streamen zu beschleunigen.
Hadi Amirpour entwickelte mit seinem Team eine Methode, um den Codiervorgang für die verschiedenen Qualitätsstufen beim Streamen zu beschleunigen.[ Karlheinz Fessl ]
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Netflix und Co. erleben einen ungebrochenen Boom. Auch Hadi Amirpour von der Uni Klagenfurt macht das möglich. Er optimiert die Aufbereitung von Filmen für das Streamen.

James Bond hat derzeit im Kino keine Zeit zu sterben. Doch die Lizenz zum Töten, die hat möglicherweise schon in naher Zukunft der Zuschauer daheim, wenn er die Abenteuer des britischen Geheimagenten am Laptop oder am PC über eine Streaming-Plattform verfolgt. „Technisch ist es wohl bald machbar, dass der Betrachter eines Films entscheiden kann, wie der Streifen weitergehen soll“, wirft Computerspezialist Hadi Amirpour einen Blick in die Zukunft. Leben oder sterben lassen: Bequem vom Sofa aus fällt die Entscheidung über das Schicksal von 007.

Amirpour ist Mitarbeiter des Christian-Doppler-Labors Athena an der Universität Klagenfurt. Er befasst sich mit dem Enkodieren von Bildmaterial. Dieser Vorgang ist nötig, damit Videos auf Plattformen wie Netflix oder YouTube angeschaut werden können. Seine Forschung könnte dazu beitragen, dass die Vision von Filmen, bei denen der Zuschauer ins Geschehen eingreifen kann, Wirklichkeit wird. Was jetzt schon möglich ist: Zuseher können das Gezeigte, etwa eine Landschaft, aus unterschiedlichen, selbst gewählten Perspektiven betrachten.

Lästige Ladepausen verhindern

Zur Person

Solche Filme umfassen enorme Datenmengen. Aber auch herkömmliche Filme sind sehr datenintensiv. Wer sie am PC oder Laptop herunterladen möchte, merkt das an den langen Ladezeiten. „Mein Team und ich arbeiten an Verbesserungen“, sagt Amirpour. So unterteilt der Forscher Filme beim Codieren in Abschnitte von wenigen Sekunden Dauer. „Während man die ersten Teile bereits anschauen kann, werden die restlichen heruntergeladen“, erklärt der gebürtige Iraner, der vor zwei Jahren nach einem Forschungsaufenthalt in Portugal nach Österreich kam. „Außerdem enkodieren wir jedes Segment in unterschiedliche Qualitätsstufen. Jeder Abschnitt liegt daher mehrfach, in unterschiedlichen Datengrößen, vor. Das System entscheidet selbst je nach Geschwindigkeit der Internetverbindung, welche Qualitätsstufe übertragen wird. Das verhindert Ladepausen während des Betrachtens.“ Umfragen hätten ergeben, dass Nutzer lieber Qualitätseinbußen in Kauf nehmen als Ladepausen gerade dann, wenn James Bond den goldenen Colt zückt.

Jede Qualitätsstufe erfordert freilich einen eigenen Codiervorgang, daher großen Aufwand und hohe Kosten. „Wir haben eine Methode entwickelt, um das zu beschleunigen“, sagt Amirpour. „Sie macht sich künstliche Intelligenz beim Berechnen der einzelnen Bilder eines jeden Films zunutze.“ Vereinfacht gesagt, sucht der Algorithmus nicht das gesamte Bild ab, um ein bestimmtes Objekt zu lokalisieren, sondern übernimmt Informationen aus den vorhergehenden Bildern. „Ein einfaches Beispiel ist ein sich kontinuierlich bewegender Ball“, veranschaulicht der Forscher. „Aufgrund der Bewegungsrichtung des Balles in den bisherigen Bildern lässt sich vorhersagen, wo sich der Ball im nächsten Bild befinden wird. Orte, die unwahrscheinlich sind, brauchen daher nicht berechnet werden.“ Das reduziert auch die Datenmenge.

Für besonders datenintensive Filme wie solche, in die der Zuschauer eingreifen kann, wäre eine solche Methode die ideale Voraussetzung. „Im Dezember werden Auszeichnungen eines Fachmagazins vergeben, wir wurden in der Kategorie ,Beste Innovation‘ nominiert“, berichtet Amirpour, der auch bei anderen Forschungsgruppen mitarbeitet. Dabei geht es um Datenverteilung in Netzwerken oder um die Optimierung von Anwender-Software zum Abspielen von Videos.

Freizeit? „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, lacht der 33-Jährige. Wenn er auf andere Gedanken kommen will, schwingt er sich aufs Rad. „Die Gegend hier in Kärnten ist wunderschön dafür – egal, ob man auf der Straße oder am Berg fährt.“ Im Geheimdienst Ihrer Majestät ist Amirpour dabei freilich nicht unterwegs. Aber wenn er wieder vor dem Computer sitzt, dann weiß er: „Rund 80 Prozent des Internet-Datenverkehrs werden Studien zufolge für das Herunterladen und Streamen von Filmen verwendet.“ Und dass er mit seiner Forschung diese weltweite Community unterstützen kann, ist zumindest ein Quantum Trost.Hadi Amirpour (33) studierte im Iran Electrical Engineering und Biomedical Engineering. Nach einem Forschungsaufenthalt in Portugal kam er 2019 nach Österreich. Er befasst sich mit der digitalen Verarbeitung von Bildmaterial. An der Universität Klagenfurt ist er Mitarbeiter des Christian-Doppler-Labors Athena, das sich mit Fragen der Videocodierung auseinandersetzt.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

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