Meditationsleitung

Die Kunst der Achtsamkeit lehren

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Der Papst hat zu Beginn der Weltsynode eine eingebaut, Hotels bieten Meditationen schon lang an. Doch wie kann man lernen, diese Tätigkeit zu lehren?

Im Hinduismus ist es gängige Praxis, im Buddhismus ebenso, und wenn es die Christen tun, nennt man es Kontemplation: Meditieren ist heutzutage vor allem deshalb in aller Munde, weil es die Achtsamkeit schult. Psychologische, medizinische und neurologische Studien haben ergeben, dass Meditation die Aufmerksamkeit erhöht, die Impulskontrolle entspannt und die Konzentration stärkt. Wer Meditation lernen will, findet auf Google 22 Millionen Angebote, wer sie lehren will, immerhin noch über 22.000. Doch wie die richtige Institution finden?

„Wenn bei einem Ausbildungsangebot ,jeder und jede‘ genommen wird, wäre ich persönlich vorsichtig“, sagt Nicole Hobiger-Klimes, Gründerin des Instituts Quantensprung. Wichtig sei, dass der Leiter einer meditierenden Gruppe sowohl geistig als auch körperlich in der Lage sei, Einzelpersonen und Gruppen wirklich begleiten zu können, und zwar in den verschiedenen Meditationsprozessen.

Vorsicht vor starren Dogmen

Auch sollte man möglichst die Einstellung hinter dem Angebot erkunden, rät Paul Ennemoser, Leiter des Lehrgangs zum Meditations- und Achtsamkeitstrainer am Bildungsforum – Institut Dr. Rampitsch: „Mit Tausenden Jahren Tradition und unzähligen Sichtweisen und Theorien ist bei einer Ausbildung wichtig, dass man die Meditation aus mehreren Perspektiven objektiv betrachten lernt. Sie sollte keine Dogmen schüren, sondern das freie Denken stärken.“

Am Institut Quantensprung dauert die Ausbildung zum Meditationsleiter rund 150 Stunden. Sie umfasst neben den täglichen Übungen und dem Selbststudium von 72 Stunden acht Praxistage sowie einen Intensivtag, der als Silent Retreat mit vielfältigen Teilnehmern angelegt ist. Der Lehrgang beim Bildungsforum umfasst sechs Module à zehn Stunden und sechs Stunden Peer-Group-Treffen. Voraussetzungen für die Teilnahme sind unter anderem das vollendete 18. Lebensjahr, gute psychische und physische Verfassung sowie zwischen 30 und 60 Minuten Zeit für tägliche persönliche Übungen.

Als Kern einer Ausbildung bezeichnet Ennemoser die Selbsterfahrung der Meditation und Achtsamkeit. „Denn nur das, was wir selbst realisieren, können wir authentisch weitergeben.“

Wolfgang Elija Kaschel bezeichnet dies als „meditatives Gewahrsein, als das ultimative Verbindungsglied in sich, um wirkliches soziales Menschsein und tiefe vertrauensvolle Gottverbundenheit zu entdecken. An jedem Ort, zu jeder Zeit und in jeder Situation.“ Er bietet an der Mindfulness-Akademie eine Ausbildung zum Achtsamkeits- und Meditationstrainer an. In 28 Ausbildungstagen mit 412 Lehreinheiten kann man wählen, ob man sich die entsprechenden Kenntnisse im persönlichen Austausch oder online aneignet. Die Kursinhalte werden ergänzt durch tägliche formelle Übungspraxis, das Führen eines Achtsamkeitstagebuchs und Peer-Group-Treffen.

Wer nach Jobs als Meditationsbegleiter sucht, findet rund 31.000 Google-Einträge. Nichtsdestotrotz kann es nicht ganz leicht sein, sich damit eine Existenzgrundlage zu schaffen. Der erste Schritt sei meist der schwierigste, sagt Hobiger-Klimes. „Wie in der Meditation selbst bedarf es hier Geduld, Persönlichkeitsentwicklung sowie der Steigerung der eigenen Präsenz“, ergänzt Mona Schramke, Leiterin des Meditationszentrums Meditas.

Interesse gestiegen

In den letzten Jahren habe das Interesse an Meditation, vor allem bei der jüngeren Zielgruppe, zugenommen. „Deshalb sind wir der Meinung, dass dieses Berufsfeld in den nächsten Jahren weiter wachsen wird.“ Die Ausbildung bei Meditas setzt eine abgeschlossene Berufsausbildung, Erfahrung in Meditation sowie ein Mindestalter von 18 Jahren voraus. Sie umfasst 125 Präsenzeinheiten sowie 90 Einheiten zum Selbststudium. „Der Kern unserer Ausbildung ist zum einen die Selbsterfahrung, denn um Meditation vermitteln zu können, bedarf es der Reflexion der eigenen Praxis und ein Bewusstsein in Bezug auf die alltägliche Achtsamkeit.“ Zum anderen lege man Wert darauf, dass die angehenden Meditationsleiter Kompetenzen im Anleiten von Meditationen erlangen. Ein Bewusstsein für Sprache und die Wirkung von Worten solle ebenfalls entwickelt werden.

Tipps der Experten können dabei helfen. „Suche dir eine Meditation, die dir leichtfällt, und mache sie täglich. Dann finde eine Meditationstechnik, die dich herausfordert. Mache sie gelegentlich, aber bleib dran. Denn hier ist oftmals der größte Lerneffekt zu entdecken“, rät Hobiger-Klimes. Ein Tipp ist, sich zu Beginn der Meditation in eine absichts- und ziellose Haltung einzustimmen, wodurch es einfacher wird, sich selbst und den Moment ohne Widerstände wahrzunehmen. Dieses Nicht-Verändern-Wollen ist laut Schramke ein ungewohnter Bewusstseinszustand, in dem neue Erkenntnisse gewonnen und Gelassenheit erfahren werden können.

Web:

www.bildungsforum.at,

www.mindfulnessakademie.com

www.nicolehobigerklimes.at

https://wien-meditation.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2021)

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