Expedition Europa

Helles Bier und so viel Tee

Ausblick auf die armenisch-aserbaidschanischen Grenze
Ausblick auf die armenisch-aserbaidschanischen Grenze(c) imago images/ITAR-TASS (Alexander Ryumin via www.imago-images.de)
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„Wirre Momente“ nahe der armenisch-aserbaidschanischen Grenze.

In die mit Reisewarnung belegte südarmenische Region Sjunik fahre ich wegen des verlorenen Kriegs um das angrenzende Berg-Karabach. Gewiss triumphierte Aserbaidschan im Herbst 2020 dank Petrodollars, Söldnern und Drohnen, doch war Armenien schon im ersten Karabach-Krieg von 1992 bis 1994 zahlenmäßig unterlegen und obsiegte dennoch. Sjunik befindet sich seit der Niederlage in prekärer Randlage: Im Frühjahr drangen möglicherweise bis zu 1200 aserbaidschanische Soldaten auf ureigenes Armenien-Territorium ein, auf der vorher innerarmenischen Fernstraße Goris–Kapan stehen seit September aserbaidschanische Grenzposten und kontrollieren iranische Lkw. Ich fahre nach Goris. Geradeaus gehts nach Restkarabach, rechts über die teils aserbaidschanisch kontrollierte Straße in den Iran. Unterwegs und auf dem Kasernenhof: viele picobello geputzte Militärlaster, Kriegsgerät ist nirgends zu sehen. Es ist schon kalt in diesen schroffen Bergen, in den Lokalen sitzen immer auch unbewaffnete Soldaten, außer Russinnen kaum Frauen, es wird helles Bier und so viel Tee getrunken, dass ich mich ein wenig in den nahen Iran versetzt wähne.

Ich rede mit Sjuniks Männern. Der erste, ein alter Petersburger Armenier, spricht schön wie ein Professor, trägt aber ein irres Destillat aus jüdisch-islamistisch-freimaurerischen Weltverschwörungen vor. Der Petersburger, der die 44 Kriegstage in Goris erlebte, sagt nur einen interessanten Satz darüber: „Da waren auch wirre Momente.“

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