Für Österreichs Projektentwickler und Investoren zählen die Länder in CEE und SEE zu den spannendsten Immobilienmärkten. Das ist auch historisch bedingt.
Der deutsche Markt ist für österreichische Unterneh men so etwas Ähnliches wie ein Heimmarkt. Einige von ihnen, wie die Magan-Firmengruppe, sind dort schon seit fast 25 Jahren tätig. Aber auch andere Länder genießen die Gunst der österreichischen Projektentwickler und Investoren. Die Österreicher waren unter den ersten, die in CEE und SEE nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aktiv wurden - und dieses Nahverhältnis ist bis heute geblieben.
Fokus auf den Hauptstädten
Franz Paul Bauer, Vorstand und Gesellschafter der S+B-Gruppe AG, bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: "Mir persönlich ist es dabei eine ganz besondere Freude, mitzuerleben und zu sehen, welche Auswirkungen unsere Engagements in all diesen CEE-Städten seit 1987 bis heute hatten und natürlich auch weiter haben werden." Nach zwei Büroprojekten in Prag ist unter anderem ein Landmark in Warschau derzeit in Fertigstellung. Die Widok Towers sind ein Hochhauskomplex mit 27 Geschoßen und knapp 35.000 Quadratmetern Mietfläche, perfekt geeignet für Einzelhandel und Büros. In Bukarest konnte sich die S+B-Gruppe zuletzt ein Projekt in bester Innenstadtlage vis-à-vis der Nationalbank sichern. Bis Ende 2023 wird auf einem 5000 Quadratmeter großen Areal das neue Bürogebäude "Doamnei" mit rund 20.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche realisiert. Es ist ein Projekt von mehreren, die von der S+B-Gruppe dort errichtet werden.
Die S Immo fokussiert derzeit auf Rumänien und Ungarn. "Wir schauen uns derzeit sehr aktiv in Bukarest und Budapest um", berichtet S-Immo-Vorstand Herwig Teufelsdorfer. "Der Büromarkt wurde hier von der Covid-Krise kaum beeinträchtigt, und renditestarke Projekte mit hohen Nachhaltigkeitsstandards erfreuen sich einer stabilen Nachfrage." In der rumänischen Hauptstadt hat die S Immo heuer zwei Class-A-Büroimmobilien erworben. In der ungarischen Hauptstadt soll an der Vaci Ut, einem der wichtigsten Bürostandorte Budapests, ein Ensemble aus drei modernen Büroimmobilien mit einer Nutzfläche von rund 29.000 Quadratmetern entstehen. 6B47 ist mit einem Büro in Warschau und Breslau vertreten. Sebastian G. Nitsch, CEO von 6B47 Real Estate Investors AG, verfolgt dort eine eigene Devise: "Das Team vor Ort muss wissen, wo die Sonne auf- und untergeht und wo der Wind den Lärm hinbläst, um für jedes Projekt die richtigen Produktentscheidungen treffen zu können."
Höhere Renditen
Dass diese Strategie aufgeht, zeigt sich daran, dass für den polnischen Markt unter anderem aktuell Verhandlungen über zwei neue Projekte laufen. "Im Vergleich zu Österreich oder Deutschland liegt die Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt in Polen etwa drei Jahre zurück. Das spiegelt sich in den Renditen", erläutert Nitsch sein Engagement in Polen. In Deutschland pendeln sich die Renditen derzeit zwischen 2,2 und 2,6 Prozent ein. In Österreich liegt man bei der Drei-Prozent-Grenze im Neubau. In Polen hingegen erziele man noch Renditen zwischen fünf und sechs Prozent, betont Nitsch. "Hinzu kommt, dass Polen von den wirtschaftlichen Kernfaktoren her ein sehr stabiles Land ist."
Die Immofinanz plant bis 2024 Akquisitionen und Projektentwicklungen für mehr als eine Milliarde Euro, berichtet COO Dietmar Reindl. "In den bestehenden Assetklassen steht die weitere Expansion in den Hauptstädten der Kernländer auf dem Programm", sagt er. Dazu zählen Polen, Tschechien, Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Kroatien. In Bukarest hat man unlängst das "Bucharest Financial Plaza" im Herzen der Stadt erworben.
Bei den Retail-Parks "Stop Shop" ist europaweit ein Wachstum von derzeit rund 100 auf 140 Standorte vorgesehen. "Der Länderfokus liegt dabei auf Italien und Kroatien, CEE sowie selektiv Westeuropa", berichtet Reindl. In Italien ist man erst seit diesem Jahr vertreten, aber "zehn italienische Stop-Shop-Standorte mit einem Investmentvolumen von rund 250 Millionen Euro sind bis 2024 geplant." Der Erwerb eines voll vermieteten Retail-Parks in der norditalienischen Stadt San Fior in der Region Venetien wurde kürzlich abgeschlossen.
Manche mögen's nah
Die CEE-Länder seien aber nicht die einzigen Regionen, in denen noch attraktive Investments möglich sind, meint Markus Arnold, CEO von Arnold Immobilien. Das Unternehmen firmiert im Ausland unter Arnold Investments und betreibt mittlerweile in acht europäischen Ländern Niederlassungen - von Berlin bis Portugal. Für private Investoren besonders interessant seien Immobilienmärkte, die in wenigen Autostunden erreichbar sind, betont Arnold. Wo investiert werde, hänge vielfach davon ab, inwieweit es Affinitäten zum jeweiligen Markt gibt. "Die Motive sind vielfältig und reichen von geschäftlichen Beziehungen über Urlaubsvorlieben bis hin zu familiären Wurzeln", erzählt Arnold. Mittlerweile schließt Arnold Immobilien jährlich rund 30 Prozent Cross-Border-Deals ab - Tendenz steigend.
Auf einen Blick
Die österreichischen Projektentwickler fokussieren in den osteuropäischen Ländern vor allem auf die Hauptstädte. Dazu gehören Prag, Budapest oder Warschau, aber auch die rumänische Hauptstadt Bukarest gilt als lohnende Investitionsdestination. In Polen verspricht der Wohnungsmarkt vor allem im Vergleich zu den entwickelteren Märkten West- und Mitteleuropas noch höhere Renditen.