Kabarett

Kabarett: Dieses Stück ist OK – auf so vielen Ebenen

(c) Ernesto Gelles
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Berni Wagner bringt mit „Galápagos“ ein spannendes und geistreiches Programm auf die Bühne. Gedanken zu Klimakrise, Evolution und Zwischenmenschlichem sind witzig verpackt in der Ein-Mann-Show.

Ist es OK, dass wir da sind? Diese Frage durchzieht das klug angelegte Programm „Galápagos“ von Berni Wagner, dessen Premiere in der Pandemie zwei Mal verschoben werden musste. Nun ging der Oberösterreicher Anfang Oktober im Theater am Alsergrund in seiner angenehmen Mundart – in für Mühlviertler Verhältnisse extrem flotten Sprechtempo – dieser Frage auf vielen Ebenen auf den Grund.

Er verpackt die großen Fragen unserer Zeit in den dramaturgischen Bogen einer kürzlich durchgemachten Trennung. Doch darin geht es nicht nur um die Beziehung zu einem Menschen (hier eine erfolgreiche Ökofluencerin), sondern auch um die Beziehung zur Natur: „Die aber gleichzeitig unsere Mutter ist, also des is a bissl krank“, lacht Wagner über seinen eigenen Text. Das Kichern kommt ihm auch aus, wenn er zwischendurch zur Gaudi des Publikums improvisiert oder bei gespielten Wutausbrüchen die erste Reihe vor Spucketröpfchen warnt.

Biomarkt als Escape-Room

Neben dem Beziehungsende geht es in „Galápagos“ hauptsächlich um die Natur und ihren vom Menschen verursachten Verfall. Der studierte Biologe wirft gern Fachwissen zu Klimawandel und Evolution ein, jedoch ohne den erhobenen Zeigefinger. Zum großen Massensterben merkt er an: „Die Dinosaurier haben zum Aussterben viel länger gebraucht, als es uns überhaupt erst gibt!“ So nimmt Berni Wagner seine Zuschauer mit auf eine sehr lustige Kopfkino-Reise, beginnend mit einer „Klimabenefiz-Show in einem Autokino“. Das Benefiz wäre für einen Erdölkonzern, „denn die Erdöl-Industrie ist ja von der Klimakrise am allermeisten betroffen“.

Nahtlos findet sich Wagner dann in einem Biomarkt wieder, den er als Escape-Room-Erlebnis beschreibt, mit einem herrlichen Sketch über „vegane Bio-Dino-Chicken-Nuggets“ – mit der Feststellung: „Leute, die keine Tierprodukte essen, weil’s ihnen nicht schmecken? Die sind ja nicht Veganer – die sind einfach nur haklig!“ Obwohl die einzelnen Bits perfekt für sich stehen (Regie: Philipp „Flü“ Vollnhofer), erzählt Wagner eine wundervoll runde Geschichte. Immer wieder nimmt er dabei Bezug auf Alfred Dorfer. Doch Wagners Kunst ist mit aktuellen Dorfer-Programmen nicht zu vergleichen, seit der Grand Seigneur derart gegen Wissenschaft wettert. Na, jedenfalls hat Wagner die Chance, seinen Doktortitel schneller zu erreichen als Dorfer, der mit 49 Jahren seine Dissertation abgeschlossen hat.

Berni Wagners Show wirkt anfangs wie ein gutes Stand-up, doch je später der Abend, umso offensichtlicher die durchdachten Spannungsbögen, bei denen auch eine Tiefkühltruhe, ein Jäger am Hochstand und ein einsamer Indianer im Wald ihre Rollen spielen. Viele der locker eingestreuten Denkansätze sickern nach, wenn der Abend längst vorbei ist – und man sich fragt: Woher kommt das Wort „okay“ nun wirklich? Und warum haben wir Menschen eigentlich keine Urangst davor, dass wir die Pariser Klimaziele nur erreichen könnten, wenn wir ab jetzt nur mehr Negativ-Emissionen produzieren? Fazit: Das fünfte Solo-Programm des 30-Jährigen hat alles, was ein gutes Kabarett braucht und macht Lust, es mehrmals anzuschauen.

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Berni Wagner spielt solo „Galápagos" z.B. im Kabarett Niedermair und Theater am Alsergrund - und im Quartett das Hörspiel-Event „Das Magische Auge“ mit Antonia Stabinger, Leo Toriser und Elias Hirschl.

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