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Ein Baby in der Pandemie?

Dr. rer. nat. Kristin Lietz, Leiterin des Klinischen Labors im Kinderwunschzentrum, Dr. Martin Metzenbauer, Praxis für Pränataldiagnostik „Two Care“, Univ. Prof. Dr. Fritz Nagele, Ärztlicher Leiter im Goldenen Kreuz, und Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Monika Resch, Leiterin der Neugeborenenstation.
Dr. rer. nat. Kristin Lietz, Leiterin des Klinischen Labors im Kinderwunschzentrum, Dr. Martin Metzenbauer, Praxis für Pränataldiagnostik „Two Care“, Univ. Prof. Dr. Fritz Nagele, Ärztlicher Leiter im Goldenen Kreuz, und Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Monika Resch, Leiterin der Neugeborenenstation.(c) Guenther Peroutka
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Familiengründung. Covid-19 und Impfungen werfen bei Kinderwunsch-Paaren, Schwangeren und frisch gebackenen Eltern viele Fragen auf. Ein Expertenteam zum Status quo und zu manchen guten Seiten der Pandemie.

Zum ersten Mal erblickte vor genau 100 Jahren in der Privatklinik Goldenes Kreuz ein Baby das Licht der Welt. Seither sind hier mehr als 74.000 Kinder zur Welt gekommen. Mit etwa 1600 Geburten pro Jahr führt das Goldene Kreuz die größte private Geburtenabteilung Österreichs. Und während der Pandemie? 2020 wurden hier so viele Kinder geboren wie in keinem bisherigen Jahr. Und das, obwohl sich sehr viel verändert hat.

Wie sich die Umstände rund um Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett verändert haben, warum nicht alles an der Pandemie schlecht sein muss, was Home-Office und IVF (In-vitro-Fertilisation)-Erfolg miteinander zu tun haben, und wovor Neugeborene tatsächlich geschützt werden müssen: Das Leitungsteam rund um Kinderwunsch, Pränataldiagnostik und Geburtshilfe im Goldenen Kreuz traf sich mit Moderatorin Eva Komarek, General Editor for Trend Topics bei der Styria Media Group, zum Expertentalk.

Die Krise als Entschleuniger


Natürlich habe es zunächst eine Zeit gebraucht, um das Ausmaß der Pandemie zu verstehen und sich in den zahlreichen internationalen Richtlinien zurechtzufinden, schilderte Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Monika Resch, Leiterin der Neugeborenenstation, die Anfänge der Covid-Krise. Inzwischen stimmen die Richtlinien der WHO, CDC (Centers of Desease Control) und AAP (American Academy of Pediatry) weitgehend überein und damit funktioniert der laufende Betrieb sehr gut. Strenge Zugangskontrollen, strikte Besucherregelungen und PCR-Tests gehören jetzt zum Alltag. Aber mehr noch: „Die Leute schätzen unsere Maßnahmen mittlerweile“, sagte Resch. Etwa dass nur noch eine Person pro Tag die jungen Mütter besuchen kommen darf.

Von jenen wird dies oft gar nicht mehr als Nachteil betrachtet, im Gegenteil. „Patientinnen haben es teilweise als Entschleunigung empfunden. Die Frauen erholen sich nach der Geburt schneller und können sich besser auf ihre neuen Aufgaben konzentrieren“, so Univ. Prof. Dr. Fritz Nagele, Ärztlicher Leiter im Goldenen Kreuz. Die Mehrbelastung für das Personal schlage sich hingegen darin nieder, dass „wir nicht nur für die Patientinnen, sondern verstärkt auch für deren Besucher da sein müssen“. Es sei häufig Angst im Spiel, manchmal Ungeduld und auch die psychische Belastung, vor allem dann, wenn ein Geschwisterkind involviert ist, das nicht zu seiner Mutter darf.

»„Die Frauen erholen sich schneller von der Geburt und können sich besser auf ihre neuen Aufgaben konzentrieren.“
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Fritz Nagele, Ärztlicher Leiter Goldenes Kreuz


Tatsächlich haben aber viele der neuen Maßnahmen Mutter und Kind mehr ent- als belastet: Eine gewisse Ruhe ist eingekehrt, in den Wartezimmern, in den Behandlungszimmern, in den Wohnzimmern. „Bei uns war das Zauberwort Home-Office“, erklärte Dr. rer. nat. Kristin Lietz, Embryologin im Kinderwunschzentrum, die Paaren zur langersehnten Schwangerschaft verhilft, schmunzelnd. „Die Paare waren entspannt und konnten ihre Behandlungen diskret und anonym vornehmen. Und ohne ‚Picknicks‘ im Warteraum“, wo manchmal zur Eizellenentnahme von der Schwiegermutter bis zum Geschwisterkind die halbe Familie im Schlepptau war. „Gegenüber dem Dienstgeber und dem sozialen und persönlichen Umfeld ist dies ja oft ein Tabuthema“, ergänzte Nagele.

Aber wie wirkt sich denn nun die Covid-Verunsicherung auf die Fertilität aus, insbesondere beim Thema Impfen? Bedenken kann Biologin Lietz entkräften: „Wir empfehlen unbedingt, sich impfen zu lassen.“ Die Antikörper der Impfung gehen sogar noch besser auf das ungeborene Kind über als bei einer durchgemachten Erkrankung. Kind und Mutter seien dadurch gut geschützt. „Weder schadet die Impfung der Reproduktion noch dem Zyklus“, so Lietz weiter. „Jede Immunreaktion kann kurzfristig eine Auswirkung haben, weshalb wir einen Abstand von fünf Wochen zwischen zweiter Impfung und IVF vorschlagen.

Aber auch bei anderen Impfungen nimmt man beim Versuch, schwanger zu werden, ja keine Rücksicht darauf.“ Denn beim Kinderwunsch sei Warten auf bessere Zeiten einfach keine Alternative. Wer Gianna Nannini vor Augen habe, die mit 52 noch zum ersten Mal Mutter geworden ist, sitze einer Illusion auf. Denn die Umstände, wie dies vor sich gegangen ist, wurden bei der Sensationsmeldung nicht kommuniziert. „Vielleicht war eine Eizellenspende, vielleicht Social Egg Freezing im Spiel“, so Lietz. (Eizellen einzufrieren, ist in Österreich gesetzlich nicht erlaubt, Anm.)

Ab wann sollte man sich denn bei vergeblichen Versuchen an das Kinderwunschzentrum wenden? „Gehen wir von einem erfüllten Beziehungsleben aus: Wenn man unter 35 ist und nach zwei Jahren noch immer nicht schwanger war, sollte man zu uns kommen. Mit über 35 Jahren bereits nach einem Jahr“, rät Lietz.

Beleuchtet wurden die wichtigsten Aspekte rund um Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach während der Pandemie.
Beleuchtet wurden die wichtigsten Aspekte rund um Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach während der Pandemie.(c) Guenther Peroutka


Covid ist jedenfalls kein Grund, sich von künstlicher Befruchtung abschrecken zu lassen. Weder im Ejakulat noch in der Eizelle konnte jemals eine Viruslast festgestellt werden. Einzig auf Blastozysten (Entwicklungsstadium ab Tag fünf nach der künstlichen Befruchtung, Anm.), die bei der IVF eingesetzt werden, ist eine Covid-Übertragung möglich. Weshalb hier besonders engmaschig getestet wird. Auch ist zwar das Risiko schwer zu erkranken für Schwangere erhöht, von 1100 infizierten Schwangeren, die in einer Studie begleitet wurden, ist jedoch kein einziges Kind an Covid gestorben. „Kindern fehlen noch die Rezeptoren, an denen das Virus andocken kann“, erklärte Lietz. Deshalb erkranken sie seltener und weniger schwer.

Keine Angstmache


Trotzdem habe die Pandemie schwere Nebenwirkungen, die vor allem Neonatologin Resch auf ihrer Station beobachtet: „Unser Kinderzimmer ist ein Hochsicherheitstrakt. Und die Angst ist bei vielen sehr groß. Denn das Immunsystem der Neugeborenen ist noch nicht ausreichend entwickelt. Aber selbst wenn die Mutter erkrankt, ist etwa das Weiterstillen wichtig und weiterhin möglich, denn das Virus geht nicht über die Muttermilch auf das Kind über.“ Während der gesamten Pandemie habe man dank Vorsichtsmaßnahmen keine Infektionen auf der Neugeborenenstation gehabt. Weshalb Resch ihre Aufgabe nun vor allem darin sieht, den jungen Familien, die ja oft lang auf ihren Kinderwunsch hingearbeitet haben, die Angst zu nehmen.

Wichtig sei es, die Hysterie und übertriebene Hygienemaßnahmen abzulegen, so Resch. „Natürlich dürfen die Großeltern zu Hause zu Besuch kommen und auch die Geschwisterkinder zum Baby. Das Immunsystem der Kinder muss sich entwickeln können.“ Und das kann es nur, wenn es stimuliert wird durch Kontakt mit anderen Menschen und an der frischen Luft.

Auch in Zeiten der Pandemie dürfen das Bauchgefühl und der Hausverstand nicht abhandenkommen, ist auch der Ärztliche Leiter der Privatklinik, Nagele, überzeugt. Weshalb es wichtig ist, nicht alles mit Covid in Verbindung zu bringen. Inzwischen ist zu Covid so viel geforscht worden, dass man guten Gewissens von einer beherrschbaren Viruserkrankung sprechen könne, vorausgesetzt, man nimmt das Impfangebot in Anspruch.


Und während der Schwangerschaft? Häufigere Screenings als die routinemäßig vorgeschlagenen nach der 12. und um die 20. Schwangerschaftswoche seien auch Covid-bedingt nicht nötig, erklärte Dr. Martin Metzenbauer, von der Praxis für Pränataldiagnostik „Two Care“. „Patientinnen entscheiden, was sie wissen wollen. Das reicht vom Geschlecht bis zum Trisomierisiko des Fötus.“ Auch Herzfehler und andere Fehlbildungen können in der Pränataldiagnostik differenziert untersucht werden. Was immer mehr Patientinnen in Anspruch nehmen, schilderte Metzenbauer. Bei den Screenings lassen sich viele gerne vom Partner begleiten, was mit den Begleitmaßnahmen wie 2,5G-Regel und Hygiene wieder normal möglich ist. „Auch nach der Geburt arbeiten wir eng mit der Neonatologie zusammen“, sagte Metzenbauer, „und decken alle Themen rund um die Gesundheit des Babys ab.“

Auch bei Spontangeburten läuft alles in einer neuen Routine ab. Bisher mussten die Frauen PCR- und Antigentests machen und dann mit FFP2-Maske in Isolation auf das Ergebnis warten. „Mit unserem neuen Point of Care und einem neuartigen molekularbiologischen Schnelltest haben wir innerhalb von fünf bis zehn Minuten ein Ergebnis“, erklärte Nagele.
Dass 2020 so viele Kinder wie noch nie im Goldenen Kreuz zur Welt kamen, führt Nagele nicht auf eine allgemeine Geburtensteigerung zurück. „Es geht vielmehr um das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, welches wir den Frauen im Goldenen Kreuz vermitteln können.“

Weitere Informationen unter: www.privatklinik-goldenes-kreuz.at

Information

Das Branchengespräch fand auf Einladung von „Die Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von der Privatklinik Goldenes Kreuz.


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