Lockerung statt Lockdown: Osteuropa hat sich früh von strengen Coronaregeln verabschiedet und erntet nun dafür ökonomische Erfolge. Das Wachstum ist enorm. Doch mit der vierten Welle im Genick bleibt die Wette der Osteuropäer hoch riskant.
Wien. Osteuropa ist anders. Während Österreich und viele andere Staaten Europas immer noch teilweise harte Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie verordnen, ließen die Regierungen im Osten das Schutzvisier zuletzt rapide fallen, zeigt der „Stringency Index“ der Universität Oxford (siehe Grafik). Zu groß war die Ablehnung der Bevölkerung, weitere Einschränkungen auf sich zu nehmen. Zu groß wurden auch die Schulden der Staaten, die für das Herunterfahren der Wirtschaft teuer bezahlen müssen.
Nach der tiefen Rezession im Vorjahr hätten die meisten Länder Osteuropas „der Wirtschaft den Vorrang gegenüber der öffentlichen Gesundheit gegeben“, sagt Mario Holzner, Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Zumindest aus ökonomischer Sicht ging die Wette voll auf: Die Wachstumsraten zogen an, die Forscher vom WIIW mussten ihre Prognose nach oben korrigieren. Um 5,4 Prozent sollen die Länder Mittel- und Osteuropas dank der lockeren Coronaregeln heuer wachsen. Das sind um 1,2 Prozentpunkte mehr als bisher vermutet.