Merkels letzter Gipfel

So droht Polen die EU zu sprengen

A man holds EU flag as he stands under a giant Polish flag during anti-government demonstration organized by main opposition parties in Warsaw
A man holds EU flag as he stands under a giant Polish flag during anti-government demonstration organized by main opposition parties in WarsawREUTERS
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Die Staats- und Regierungschefs suchen eine Lösung mit Warschau. Doch Polens Premier hält an der Unterwanderung von EU-Recht fest und will sich nicht an EuGH-Urteile halten.

Energiekrise, Migrationsdruck, Ausschaltung der Rechtsstaatlichkeit im großen Nachbarland östlich der Oder: Angela Merkels 107. und letzter EU-Gipfel brachte der scheidenden deutschen Kanzlerin am Donnerstag und Freitag mehr Probleme, als sie sich das vermutlich erhofft hatte. Denn so sehr sie sich im Vorfeld auch bemüht hatte, die Justizkrise in Polen von der Tagesordnung zu bringen, war dies gleich das erste Thema, dem sich die 27 Staats- und Regierungschefs stellen mussten. Mateusz Morawiecki, Polens Ministerpräsident, gab sich uneinsichtig und klagte über angebliche „Erpressung“. Merkel hoffte jedoch weiterhin auf eine Lösung im Dialog, womit sie nicht allein war: „Es wäre schade, wenn die Leute nur nachgäben, wenn es um Geld geht“, sagte Luxemburgs Regierungschef, Xavier Bettel. „Europa, das sind auch Werte und Regeln, und wenn es nur mit Geld funktioniert, haben wir auch ein moralisches Problem.“

Das Problem

Nach ihrem Wahlsieg im Jahr 2015 schwor sich die nationalautoritäre Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit), die Fehler ihrer ersten Regierung in den Jahren 2005 bis 2007 nicht zu wiederholen. Vor allem Jarosław Kaczyński, einst Ministerpräsident und seither die graue Eminenz der Partei, hatte es als persönlichen Affront empfunden, dass ihm die Macht damals nach nur zwei Jahren wieder bei Wahlen entrissen wurde. Das sollte sich nicht wiederholen. Alle Arme des Staates, von der Verwaltung bis zur Justiz, sollten raschestmöglich auf Linie gebracht und mit Gewährsleuten besetzt werden. Detto die Medien: Der öffentliche Rundfunk und die amtliche Nachrichtenagentur wurden gleichgeschaltet, private, regierungskritische Medien auf andere Weise schikaniert – etwa, indem seither öffentliche Stellen alle Abonnements und Inserate in der größten Zeitung des Landes, der „Gazeta Wyborcza“, stornieren mussten. Die Justiz ist das Kronjuwel dieser autoritären Machtverfestigung der PiS. Wer sie kontrolliert, kontrolliert das Land.

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