Klimainitiative

„Steht auf, seid laut und fordert Veränderung“

(C) Fabry
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Katharina Rogenhofer ist Österreichs bekannteste Klimaaktivistin. Die Politik habe im Klimaschutz versagt, sagt sie. Nun müsse der Druck von unten kommen.

Als Katharina Rogenhofer an diesem Mittwoch die Bühne betritt, um den Preis als Österreicherin des Jahres in der Kategorie Klimainitiative entgegenzunehmen, hat sie eine klare Botschaft im Gepäck: „Ich würde gern in einer Welt leben, in der Klimaaktivistinnen keine Preise gewinnen“, sagt die Koordinatorin des Klimavolksbegehrens. „Denn dieser Preis zeigt das Versagen der Klimapolitik.“ Seit dem Jahr 1990 sind die Treibhausgasemissionen Österreichs, das sich gern als grüner Vorreiter präsentiert, nicht gesunken. Im Verkehr ging der CO2-Ausstoß sogar steil nach oben. Die alten fossilen Strukturen sind alle intakt.

Um das zu ändern, hat die heute 27-Jährige im Dezember 2018 mit Freunden die Klimaschutzbewegung Fridays for Future nach Wien geholt. In wenigen Jahren avancierte die studierte Biologin zum bekanntesten heimischen Gesicht der jungen Klimaschützer. Dabei wollte die Wienerin eigentlich einen ganz anderen Weg gehen. Nach dem Studium der Zoologie in Wien und des Biodiversitätsmanagements in Oxford zog es sie zunächst in die Wissenschaft und zu großen Institutionen. So arbeitet Rogenhofer etwa auch bei der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen mit. Doch weil Veränderung dort oft nur langsam vonstatten geht – und dem Planeten die Zeit ausgeht –, schwenkte sie um und arbeitet seither daran, Druck auf die Politik aufzubauen, damit diese endlich die Weichen für eine klimaverträgliche Zukunft stellt.

„Greenwashing-Meisterleistung“

»Heute sind viele Einflussreiche im Saal. Ich appelliere an euch: Steht auf, seid laut und fordert eine Veränderung ein.«

Katharina Rogenhofer, Koordinatorin Klimavolksbegehren

Als Demonstrantin wie noch vor wenigen Jahren ist Rogenhofer heute nicht mehr aktiv. Die Autorin (zuletzt erschien: „Ändert sich nichts, ändert sich alles“) sieht ihren Platz im politischen Bereich. Begonnen unter einer türkis-blauen Regierung, hat sie gemeinsam mit Fridays for Future immerhin erreicht, dass Klimaschutz von keiner politischen Partei mehr ausgeblendet werden kann. Geändert hat sich aus ihrer Sicht dennoch viel zu wenig. Das habe auch die Regierungsbeteiligung der Grünen nicht verhindern können. „Nach wie vor gibt es jedes Jahr 4,7 Mrd. Euro an indirekter Förderung für klimaschädliches Verhalten. Dem steht eine Klimamilliarde gegenüber“, sagt sie. Auch an der ökosozialen Steuerreform lässt Rogenhofer kein gutes Haar: Die türkis-grüne Regierung habe „mit ihrem viel zitierten Prestigeprojekt eine Greenwashing-Meisterleistung geliefert“. Der „Dumpingpreis“ von 30 Euro je Tonne CO2werde keine Verhaltensänderung anstoßen. Die Regierungsspitze aber verkaufe die CO2-Steuer als zukunftsweisende Klimaschutzmaßnahme. „Das ist eine herbe Enttäuschung.“Enttäuscht ist sie auch über die Tatsache, dass in Österreich immer noch Gasheizungen in Neubauten installiert werden, obwohl diese eine Lebensdauer von 20 Jahren haben. „Ein Zeitraum, in dem wir bereits klimaneutral werden sollten.“ Den heftigsten Gegenwind für den Klimaschutz ortet sie bei klassischen Unternehmensverbänden. Sie würden ein altes Bild der Wirtschaft vertreten, das auch viele ihrer Mitglieder nicht mittragen würden. Gemeint sind vielleicht Unternehmer wie Walter Kreisel, der gemeinsam mit der Boku-Professorin Sophie Zechmeister-Boltenstern ebenfalls im Finale um den Titel des Österreichers des Jahres im Bereich Klimainitiative gestanden ist. Seine neoom-Gruppe bietet Kunden den maßgeschneiderten Umstieg von der fossilen auf die erneuerbare Energieversorgung.

„Wir rasen auf eine Klimakatastrophe zu, wenn wir nicht umsteuern“, warnt Rogenhofer mit Blick auf den kommenden Weltklimagipfel in Glasgow. Um zu verhindern, dass die Politiker dort wieder nur leere Versprechen abgeben können, brauche es mehr als Klimaaktivisten. „Heute sind viele Einflussreiche im Saal“, daher appellierte sie an die Gäste: „Steht auf, seid laut und fordert eine Veränderung ein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2021)

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