UniLive

Der Wandel der Studienzeit

Sie gilt als Inbegriff der Freiheit – raus aus dem Elternhaus und rein in eine Welt voller neuer Freundschaften, Partys und Auslanderfahrungen. Doch was ist davon während der Pandemie geblieben? Und wie sehr hat sich das Studentenleben schon davor verändert?

Jeder Lebensabschnitt hat seine eigenen Regeln. Die Kindheit, die Schulzeit, die Studienzeit, das Arbeitsleben, die Pension. Doch keinem Abschnitt wird so viel Freiheit, Wildheit, Unbeschwertheit und Entdeckergeist wie der Studentenzeit zugeschrieben. Von Generation zu Generation wird die Erzählung von der „besten Zeit des Lebens“ weitergegeben.

Viel ist davon in der Coronapandemie nicht übrig geblieben. In den vergangenen drei Semestern hat es alles andere als ein normales Studentenleben gegeben. Natürlich hat die Pandemie alle Alters- und Gesellschaftsgruppen getroffen. Das Leben der Jungen hat sie aber besonders beeinflusst. Mit den Studenten ist man auffallend streng gewesen. Sie hat man als erste Gruppe in den Lockdown geschickt und als letzte zurückgeholt. Bei ihnen schien das machbar zu sein. Sie sind selbstständiger als die Schüler (können also länger im Distance Learning verharren) und abkömmlicher als die Arbeiter und Angestellten. Leise, ausdauernd und verständnisvoll sind die Studierenden obendrein noch gewesen.

Die Studierenden in Österreich:

Wie alt sie sind und wo sie inskribiert sind.

300.063 ordentliche Studierende gab es im Sommersemester 2019 in Österreich (ohne
Doktoratsstudierende und Incoming-Mobilitätsstudierende). Mehr als drei Viertel davon studieren an öffentlichen Unis.

17% studieren an Fachhochschulen und jeweils drei Prozent an Pädagogischen Hochschulen und Privatuniversitäten.

26,9 Jahre sind die Studierenden im Schnitt alt. Der Anteil über 30-Jähriger liegt mit 20 Prozent im europäischen Vergleich im oberen Mittelfeld.

54 Prozent der Studierenden sind Frauen.

»Dicke Freundschaften sind über das Glasfaserkabel wohl nur selten geknüpft worden.«

(C) DiePresse


Ein Aufbruch in die neue Freiheit war der Weg an die Hochschule für Maturanten in den vergangenen eineinhalb Jahren dementsprechend nicht. Die Zimmer in den Studentenheimen und Wohngemeinschaften standen oft schon nach wenigen Wochen wieder leer. Angesichts der Verlegung der Vorlesungen in den virtuellen Raum ist die Anwesenheit am Studienort nicht mehr notwendig und oft auch nicht mehr verlockend gewesen. Insbesondere Studienanfänger saßen dann doch wieder zu Hause im Kinderzimmer. Von den eigenen vier Wänden ist oft nur die monatliche Rechnung geblieben. Die Abnabelung von zu Hause - inklusive der neuen Tätigkeiten wie Kochen, Waschen und Putzen - hat sich um ein paar Monate verzögert.Der soziale Faktor. Auch der Studienalltag war ein ganz anderer. Nach und nach haben sich die Hochschulen in der digitalen Welt besser zurecht gefunden. Doch der Diskurs zwischen Studierenden und Lehrenden und natürlich auch zwischen den Kommilitonen war nicht derselbe. Man hat sich im ein oder anderen Seminar zwar via Bildschirm gesehen. Dicke Freundschaften sind über das Glasfaserkabel aber wohl selten geknüpft worden. Gerade den Studienanfängern fehlte der Austausch mit Gleichgesinnten und der gute Rat von Studierenden höherer Semester. Es ist vor allem dieser soziale Faktor, der zu der Sorge geführt hat, dass viele Anfänger im Studium nicht Fuß fassen. Das zeigt sich aber (noch?) nicht in den Dropout-Zahlen.
Der soziale Austausch hat vielen Studierenden gefehlt. Es ist ein Studium „ohne Spaßfaktor“ gewesen. So beschreiben das Studierende selbst (siehe Seite 22+23). Viele waren einsam. Nicht umsonst hat das Wissenschaftsministerium zuletzt die Stellen in der Psychologischen Studierendenberatung ausgebaut. In diesem Lebensabschnitt sind die wichtigsten Sozialkontakte oft nicht in den eigenen vier Wänden zu finden. Da geht es nicht nur um die wilden Partys. Sondern um die Geborgenheit im Freundeskreis und um das Flirten mit den neuen Bekanntschaften. Denn wo, wenn nicht auf dem Heimfest, im Lesesaal oder in der Mensa lernt man einander kennen? (Okay, vielleicht würde es dazu heutzutage auch online Möglichkeiten geben. Aber auch das war in der Pandemie nicht immer einfach).

Als „Leben mit dem Filzdämpfer“ hat Oliver Vitouch, der Vizepräsident der Universitätenkonferenz (Uniko), die Studienzeit in der Pandemie in einem Interview mit der „Presse“ beschrieben. Es sei „ein Stück weit ein gestohlenes Lebensjahr“. Denn gerade in dieser Lebensphase gibt es Dinge, die lassen sich nicht so einfach später nachholen. Dazu ist wohl auch der Weg ins Ausland zu zählen. Drei Semester lang kam der europäische und internationale Studierendenaustausch nahezu ganz zum Erliegen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.