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Neue Serien: Geister, Aliens und junge Gangster

Nicht von dieser Welt: So manche Serien-Neuerscheinung widmet sich übernatürlichen Ereignissen – auf bedrohliche, absurde oder pädagogische Art. Die beste Serie aber führt in ein US-Reservat, wo vier indigene Jugendliche sich in Gangsterposen üben.

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Invasion

Sci-Fi mit Tiefgang
Zu sehen auf Apple TV+

Das Ding, mit dem die Aliens in „Invasion“ auf der Erde landen, widerspricht nicht nur jeglicher Aerodynamik – es schaut auch nicht nach überlegener Technik aus. Aber was auch immer in diesem Monster von Raumschiff gelandet ist – es ist eine weit schlimmere Bedrohung als ein Terrorangriff à la 9/11, auf den die US-Bewohner reflexartig tippen, als sie angegriffen werden.

Ab dann herrscht draußen das übliche Weltuntergangsszenario, während sich die eigentlichen Katastrophen im Innenleben der Protagonisten abspielen. In einem Sheriff, der noch am Tag der Pensionierung auf den entscheidenden Einsatz wartet, der seinem Leben einen Sinn geben könnte. In einer jungen Mutter, die erfährt, dass ihr Mann sie verlassen will. Und in einer japanischen Nasa-Technikerin, die bis über beide Ohren in eine Astronautin verliebt ist, die zu einer Mission ins All aufbricht. „Ich werde den Sonnenaufgang vermissen“, sagt sie. Ihr Liebeskummer rührt zutiefst.

Die Autoren Simon Kinberg („Marsianer“) und David Weil schenken den Charakteren mehr Aufmerksamkeit als Aliens. Sie erzählen von Freundschaft und Solidarität, Kampfgeist, aber auch Egoismus und tiefen Ängsten (ballernde US-Soldaten in Afghanistan). Packend. (i. w.)

Reservation Dogs

Indigene Jugend im Gangster-Style
Zu sehen auf Disney+

Zu seiner Zeit, sagt der reitende Indianer mit der Feder im Haar, habe man für sein Volk gekämpft, sei für sein Land gestorben. „Was machst du für dein Volk?“, fragt er den verdutzten Teenager Bear – und beginnt wiehernd zu kichern. Haha, nur Spaß!

Der halbnackte Krieger mit dem seltsamen Humor ist nur eine Eingebung, die Bear etwa dann erscheint, wenn er wieder einmal von einer verfeindeten Straßenbande vermöbelt wurde, aber er scheint einen wunden Punkt zu treffen. In acht Folgen erzählt die exzellente US-Serie „Reservation Dogs“ von vier Freunden, die in einem Reservat für Native Americans im ländlichen Oklahoma leben – und mit kleinkrimineller Energie ihren Ausbruch aus diesem perspektivlosen Ort planen. Für die Reise ins verheißungsvolle Kalifornien braucht es schließlich Geld. Das Vertrackte daran: Ob die Jugendlichen nun für ein bisschen Zaster einen Laster voller Chipspackungen stehlen oder die Kupferleitungen aus den Straßenlaternen ziehen, es geht letztlich alles auf Kosten ihrer eigenen, eh schon benachteiligten Gemeinde.

Vor und hinter der Kamera waren Künstler mit indigenem Hintergrund am Werk, einer der Serienschöpfer ist der Neuseeländer Taika Waititi („Jojo Rabbit“). Er und der US-Amerikaner Sterlin Harjo (der eine renommierte indigene Comedy-Truppe betreibt) liefern hier eine Mischung aus Melancholie und absurder Komik, sie bauen einen Mikrokosmos voller schräger Figuren und nehmen dennoch ihre jugendlichen Helden auf Identitätssuche ernst. Was sie nicht daran hindert, sie kokett in Gangsterposen zu inszenieren (die Serie heißt nicht zufällig fast wie ein Tarantino-Film). Einmal gehen die Kids im Kugelhagel der vorbeifahrenden Feindesbande zu den Klängen der Mondscheinsonate zu Boden – um sich verärgert wieder hochzurappeln: waren nur Paintballkugeln. (kanu)

Wellington Paranormal

Geister-Polizei-Mockumentary
Zu sehen auf Sky

Auch hier steckt Taika Waititi dahinter: Die Mockumentary, die nun mit drei Jahren Verspätung auch bei uns verfügbar ist, folgt einem neuseeländischen Polizeiduo, wie es diensteifrig für Ordnung sorgt in einer von Dämonen und besessenen Mädchen heimgesuchten Stadt – ohne jegliches Gespür für die offenkundig paranormale Natur dieser Fälle. Hauptsache, es geht alles nach Protokoll! Die beiden Cops erfand Waititi einst für seine Vampirkomödie „5 Zimmer Küche Sarg“, die schon Kultstatus genießt. Skurriler Spaß. (kanu)

Just Beyond

Pubertät als Mystery-Phänomen
Zu sehen auf Disney+

Man kann für das Erwachsenwerden wohl viele gruselige Metaphern finden – und „Just Beyond“, basierend auf Büchern von Jugend-Horrorautor R. L. Stine, fährt eine nach der anderen auf. Da ist die Geschichte der rebellischen 14-Jährigen, deren Eltern das süße Mädchen, das sie einst war, so vermissen, dass sie sie auf ein Spezialinternat schicken, wo den Schülerinnen im doppelten Wortsinn der Kopf gewaschen wird. Oder jene von den beiden Buben, deren Eltern eine geheime Doppelidentität zu haben scheinen: Könnten die „körperlichen Veränderungen“, die sie den Kindern in peinlichen Gesprächen ankündigen, auch eine Wandlung zum Alien bedeuten? Anregende, harmlose Teenie-Unterhaltung. (kanu)

Pretty Smart

Education-Clash-Sitcom
Zu sehen auf Netflix

Die eine Schwester hat einen Uni-Abschluss, die andere alles andere (etwa Empathie): Was die Culture-Clash- bzw. Education-Clash-Konflikte angeht, lässt diese überdrehte WG-Sitcom kein Klischee aus. Erheiternde Kurzweil aus der Kategorie „Guilty Pleasure“. (kanu)

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