Pandemie

FPÖ ortet "Amoklauf der Regierung" und plant Anzeige

FPÖ-Chef Herbert Kickl ist mit den türkis-grünen Corona-Maßnahmen mehr als unzufrieden.
FPÖ-Chef Herbert Kickl ist mit den türkis-grünen Corona-Maßnahmen mehr als unzufrieden. imago images/SEPA.Media
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Mit ihrem Stufenplan zur Pandemiebekämpfung trete Türkis-Grün die Grundrechte von „ungeimpften, gesunden Menschen“ mit Füßen, kritisiert FPÖ-Chef Kickl.

Warum lädt Herbert Kickl am „Fenstertag“ zu einer Pressekonferenz? Um Kritik am „jüngsten Amoklauf dieser Bundesregierung, allen voran des Bundeskanzlers und des Gesundheitsministers“ zu üben, wie der Bundesparteiobmann der FPÖ am Montag selbst erläuterte. Gemeint ist: Der am späten Freitagabend von ÖVP und Grünen präsentierte, erweiterte „Stufenplan“, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen - und „3G am Arbeitsplatz“.

„Lass dich impfen oder du verlierst deinen Job - das ist die Wahrheit hinter 3G am Arbeitsplatz“, sagte Kickl und meinte damit, dass ab 1. November jeder, der an seinem Arbeitsplatz Kontakt mit anderen hat, gegen das Virus geimpft, genesen oder negativ darauf getestet sein muss. „Was für ein Sadist muss man sein“, dass man „ungeimpfte, gesunde und symptomlose Menschen täglich einem Testzwang aussetzt“, damit sie arbeiten gehen und so sich und ihre Familie ernähren können, fragte der Freiheitliche. Damit sie „Steuern zahlen und Sozialversicherungsbeiträge leisten können“.

„Was für ein Sadist muss man sein“, wiederholte Kickl, dass man sich hinstelle und verkündet, dass man als Ungeimpfter seine Familienmitglieder oder Freunde nicht mehr in einem Pflegeheim oder Krankenhaus besuchen dürfe. Und: Warum nenne man das Kind nicht beim Namen - „ein brutales Regime des Impfzwanges“ -, wandte er sich konkret an Kanzler Alexander Schallenberg und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, denen er einen „Frontalangriff auf das Grundrecht der individuellen Freiheit, der körperlichen Unversehrtheit, auf Arbeit und darauf, nicht diskriminiert zu werden“, unterstellte.

FPÖ plant Anzeige und Misstrauensantrag

Es sei nicht einzusehen, dass Menschen, die sich „nicht einem experimentellen Impfstoff“ aussetzen wollen, schikaniert würden - allen voran deswegen nicht, weil „die Impfung zwar wirkt, aber nicht genug“. Der von Türkis-Grün oft beschworene „Gamechanger“ sei nicht da, dennoch würden die Menschen zum „Stich“ gedrängt. „Alle gehen in den Club, nur nicht Jochen, der ist noch nicht gestochen“, zitierte Kickl die Impfkampagne, in der er ein „schändliches Vorgehen“ der Regierung ortet. Aufgrund derartiger Irreführungen plane die FPÖ eine Anzeige nach Paragraf 6 des Arzneimittelgesetzes beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen; gegen wen sich die genau richtet, ließ Kickl offen.

„Wer diese Strategie nicht sofort ändert, der ist jemand, der Menschenleben auf dem Gewissen hat und die Gesellschaft spaltet“, betonte Kickl. Anstatt das Impfen zu propagieren, sollte Türkis-grün auf eine Antikörperstudie und Medikamente setzen, die bei rechtzeitiger Einnahme sehr effektiv seien. Als Beispiel nannte der Freiheitliche das Präparat Ivermetin. Zudem unterstützt er, dass für den morgigen Nationalfeiertag Proteste geplant sind.

Bei „nächster Gelegenheit“ werden die Blauen daher einen Misstrauensantrag gegen Mückstein einbringen, kündigte er an. Und prognostizierte: Österreich werde in die nächste „Welle“ steuern und in einen abermaligen Lockdown - für Geimpfte wie Ungeimpfte, auch wenn das derzeit so noch nicht gesagt werde.

Tatsächlich umfassen die am Freitag präsentierten Stufen vier und fünf des „Stufenplans“ vor allem Einschränkungen bis hin zu einem Lockdown für Ungeimpfte - ab einer stark steigenden Auslastung der Intensivstations-Kapazitäten. Aktuell gilt Phase eins des Planes.

Der Stufenplan im Überblick

Stufe eins ist seit 15. September in Kraft, als die Zehn-Prozent-Auslastung an den Intensivstationen (ICU) mit Covid-Patienten erreicht wurde (bzw. 200 belegte Betten). Seither muss in Supermärkten und sonstigen Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Trafiken und in öffentlichen Verkehrsmitteln eine FFP2-Maske getragen werden. Im sonstigen Handel dürfen Geimpfte und Genesene ohne Maske in die Geschäfte, Ungeimpfte mit FFP2-Maske. Die 3G-Regel gilt in Gastronomie und bei Veranstaltungen ab 25 Personen.

Stufe zwei: Sieben Tage nach Überschreitung einer Intensivstations-Auslastung von 15 Prozent (300 Betten) gilt in der Nachtgastronomie (und "ähnlichen Settings") sowie bei Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze mit mehr als 500 Personen eine 2G-Regel (Geimpfte oder Genesene haben Zutritt). "Wohnzimmertests“ sind nicht mehr als Nachweis für Bereiche mit 3G-Eintrittsregel gültig.

Stufe drei: Sollte es zu einer Auslastung von 20 Prozent (400 Betten) kommen, verliert der Antigentest in Bereichen mit 3G in ganz Österreich seine Gültigkeit. Zutritt hätten damit überall nur mehr Geimpfte, Genesene oder Personen mit aktuellem PCR-Test.

Stufe vier wird bei einer Auslastung von 25 Prozent bzw. 500 belegten ICU-Betten schlagend. Vorgesehen ist dann eine "2G"-Regel in allen "3G"-Bereichen: Ungeimpften wird damit der Eintritt etwa in Gastronomie, Hotellerie, zu Veranstaltungen, Kultureinrichtungen, Freizeiteinrichtungen oder Sportveranstaltungen untersagt. Das gilt dann auch bei Vorlage eines negativen Tests - egal ob Antigen oder PCR.

Stufe fünf: Sollte die Intensivstations-Auslastung 600 Betten übersteigen (bzw. 30 Prozent) gelten Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte. Damit wäre für all jene, die weder eine Impfung noch einen aufrechten Genesungs-Status vorweisen können, das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs nur noch in Ausnahmefällen gestattet. Erlaubt ist dann etwa noch die Grundversorgung (wie Einkäufe) oder der Weg zur Arbeit.

(hell)

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