Proteste

Putsch im Sudan: Entmachteter Premier in Militärgewahrsam

Im Sudan reißen die Proteste nach dem Militärputsch nicht ab
Im Sudan reißen die Proteste nach dem Militärputsch nicht abAPA/AFP
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Der neue Machthaber, General al-Burhan, erklärt, die Ordnung rasch wiederherstellen zu wollen. Der festgenommene Ministerpräsident sei „bei ihm zuhause“ in Gewahrsam.

Nach einem Putsch im ostafrikanischen Sudan hält Militärchef, General Abdel Fattah al-Burhan, den entmachteten Ministerpräsidenten Abdalla Hamdok in seiner Residenz fest. Hamdok sei zu seiner eigenen Sicherheit in die Residenz gebracht worden, sagte Al-Burhan während einer Ansprache am Dienstag. Das Büro Hamdoks forderte daraufhin auf der Facebook-Seite des Informationsministeriums die sofortige Freilassung des festgesetzten Regierungschefs.

Zugleich kündigten die Anhänger Hamdoks an, man werde mit Protesten und zivilem Ungehorsam Widerstand gegen den Umsturz leisten. Das Militär hat am Montag in dem ostafrikanischen Land mit rund 44 Millionen Einwohnern die Macht übernommen. Al-Burhan verkündete die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder und verhängte einen Ausnahmezustand.

Ziel sei es, Land in demokratische Ordnung zu führen

Vorausgegangen waren dem Putsch monatelange Proteste, in denen Menschen politische und wirtschaftliche Reformen und den Rückzug des Militärs aus der Übergangsregierung forderten. Man habe einen Bürgerkrieg im Land vermeiden wollen, begründete Al-Burhan in seiner ersten Ansprache den international kritisierten Umsturz. Man habe mehr als einmal versucht, mit den politischen Kräften eine Lösung zu finden. Immer wieder sei das Militär dabei das Ziel einer zivilen Hetzkampagne geworden. Nachdem der politische Dialog gescheitert sei, habe man sich zu der Machtübernahme entschlossen, so der Militärchef. Das Ziel sei es weiterhin, das Land zu einer demokratischen Ordnung zu führen und die Macht an eine gewählte, zivile Regierung zu übergeben.

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Bashir regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 nach monatelangen Massenprotesten und einem Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen sollte. Es folgten zahlreiche Reformen, wodurch sich das ölreiche, aber verarmte Land aus einer jahrzehntelangen Isolation befreien konnte.

„Er ist bei mir zuhause"

Der Verbleib Hamdoks, der seit August 2019 gemeinsam mit Al-Burhan an der Spitze einer Übergangsregierung stand, war nach der Machtergreifung des Militärs am Montag zunächst unklar. Seine Anhänger sprachen von Verschleppung. Daraufhin hatten unter anderem Deutschland, die USA und die Vereinten Nationen, die sofortige Freilassung Hamdoks gefordert. "Er ist bei mir zuhause," sagte Al-Burhan. Demnach soll Hamdok auch das Recht haben, sich frei zu bewegen.

Unterdessen funktionierten das Internet und die Telefonleitungen seit Dienstagnachmittag wieder. Das mobile Netz sei seit 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) wieder in Ordnung, bestätigte die britische Organisation Netblocks, die weltweit Internetsperren dokumentiert. Das Internet, das Mobilfunknetz und Teile des Festnetzes waren seit Montagfrüh gestört, die meisten Menschen konnten keine Anrufe mehr tätigen oder Nachrichten online verfolgen.

Nach der Machtübernahme des Militärs wollte der UNO-Sicherheitsrat sich am Dienstagnachmittag (Ortszeit) in New York während einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage beschäftigen. Die USA haben bereits Hilfen in Höhe von 700 Millionen US-Dollar ausgesetzt, die für die Unterstützung des demokratischen Übergangs im Sudan geplant gewesen waren.

(APA/dpa/Reuters)

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