Festivität

Nationalfeiertag mit wenig Feier und viel Appell

Ungewöhnliches Programm am Heldenplatz: Von der Rekruten-Angelobung ohne Gäste bis zur Impfparty in der Hofburg.
Ungewöhnliches Programm am Heldenplatz: Von der Rekruten-Angelobung ohne Gäste bis zur Impfparty in der Hofburg. APA/BUNDESHERR/LECHNER
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Eine Impfparty beim Präsidenten, geteilte Klimasorgen und Wünsche der Politik.

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Wien. Der Nation ist am Nationalfeiertag noch immer nicht richtig zum Feiern zumute. Der Wiener Heldenplatz ist auch im zweiten Jahr der Pandemie nicht wieder zu dem belebten Festplatz geworden, der er in den vergangenen Jahrzehnten an diesem Tag war. Die vielen Wiener, die sich an dem sonnigen Herbsttag auf den Wiesen sammelten, mussten sich mit einem abgespeckten Programm begnügen.

Hundert Rekruten wurden angelobt – abgeschirmt ohne Gäste, dafür mit Kameras und Livestream. Ein paar Coronaleugner verirrten sich von Demonstrationen in der Umgebung auf den Platz. Vermutlich in der Hoffnung, dass auch sie gefilmt werden und somit Aufmerksamkeit bekommen würden.

An ihnen spazierten Hunderte spät entschlossene Impfwillige vorbei Richtung Hofburg, um sich im Beisein von Präsidenten Alexander Van der Bellen höchstpersönlich dann doch noch piksen zu lassen.
„Paradoxe Intervention“ nannte das der Bundespräsident, der die Impfwilligen am Dienstagvormittag im Marmorsaal der Hofburg empfing und zumindest die ersten persönlich bis zum Arzt begleitete. Die Johanniter impften bis zum Abend rund 300 Personen. Normalerweise lade man eher nur Geimpfte als Ungeimpfte ein, sagte Van der Bellen. Und resümiert: „Aber es funktioniert.“

Auch bei der Angelobung der 100 jungen Rekruten, die aus fast allen Bundesländern kamen, stellte Van der Bellen als Oberbefehlshaber das Thema Impfen in den Vordergrund. Er sprach davon, dass man dem Land dienen müsse. „Ich mag diesen Begriff, weil er von einer gewissen Demut getragen ist“, sagte der Bundespräsident. Es gehe darum, anzuerkennen, dass es außerhalb der persönlichen Bedürfnisse noch einen höheren Zweck gebe. Die Rekruten seien insofern ein Vorbild, „und gerade die Politik soll sich an Ihnen ein Beispiel nehmen“, befand das Staatsoberhaupt nach den jüngsten turbulenten politischen Wochen. „Denn auch der Zweck der Politik ist es, dem Land zu dienen.“

Heilung

„Es tut mir in der Seele weh zu sehen, wie gespalten wir sind. Ein Riss ist durchs Land gegangen. Mitten durchs Land. Mitten durch Freundschaften. Mitten durch Familien. Wir müssen diesen Riss heilen. Und wir werden diesen Riss heilen. Wir werden ihn aber nur dann heilen, wenn jede und jeder von uns einen Schritt auf den anderen und die andere zu macht“, sagte Van der Bellen am Abend in seiner Rede an die Nation. „Ja, manche von uns haben Angst. Und ich spreche hier von beiden Seiten. Diese Angst wird nicht einfach verschwinden, indem die jeweils andere Seite sie ignoriert“, sagte er. „Wir werden einander brauchen, um die eigentliche, große Herausforderung zu bewältigen. Die wichtigste von allen: die Klimakrise“, sagte der Präsident.

Und: „Manche von Ihnen werden vielleicht sagen: Der Alte soll eine Ruhe geben, ich kann's schon nicht mehr hören. Aber diese Freude kann ich Ihnen nicht machen: Ich werde keine Ruhe geben. Ich will das Meinige dazu beitragen, für unsere Kinder und Enkelkinder eine gute Zukunft sicherzustellen.“

Dünnes Koalitionseis

ÖVP-Bundeskanzler Alexander Schallenberg zeigte sich bei seiner Rede vor dem Sonderministerrat ebenfalls um das Klima besorgt. Das Koalitionsklima hatte die vergangenen Wochen wirklich gelitten. Natürlich müsse man aufeinander zugehen, und man gehe auf dünnem Eis, „wenn einer aufstampft, dann sind wir beide im kalten Nass“, sagte er. Gleichzeitig betonte Schallenberg aber, „der Wille ist da, von beiden Seiten, dass man zusammenarbeitet“.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte sich ebenso optimistisch, man habe eine sehr gute Kooperationsbasis aufgebaut. „Alle Achsen“, ob zwischen Kanzler und Vizekanzler, den Klubobleuten oder auch den Parteichefs, funktionierten. Und auch er und Ex-Kanzler Sebastian Kurz hätten eine „entsprechende Gesprächsbasis“, sagte Kogler. Die Regierung ging nach dem Ministerrat zusammen zur traditionellen Kranzniederlegung am Äußeren Burgtor und war bei der Rekruten-Angelobung am Heldenplatz präsent.

Oppositionswünsche

Auch die Opposition äußerte anlässlich des Nationalfeiertags Anliegen. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will die Sacharbeit in den Vordergrund rücken. Vor dem Hintergrund der jüngsten Skandale sei sie überzeugt: „Es braucht wieder eine Kultur der Ernsthaftigkeit, wo der Inhalt zählt, nicht die Inszenierung.“

FPÖ-Chef Herbert Kickl hält traditionell viel von Inszenierung. Am Dienstag fanden mehrere Corona-Demonstrationen statt, aus den Lautsprechern wurde die FPÖ-Hymne „Immer wieder Österreich“ abgespielt. Österreich-Fahnen wurden geschwenkt, und auch einige Teilnehmer der Neonazi-Szene waren in einschlägiger Kleidung zu sehen. Dieses Mal ließ sich Kickl – wie bei derartigen Demonstrationen zuvor – nicht blicken. Ähnliche Botschaften wie die Demonstranten platzierte er am Dienstag trotzdem: Er verlangte mehr direkte Demokratie, forderte mehr Mitspracherecht des einzelnen Bürgers. Und sprach davon, Gesundheit und Freiheit nicht gegeneinander auszuspielen.

Schallenberg fand am Rande des Ministerrats klare Worte zur Haltung der FPÖ in Pandemiefragen: Wer glaube, sich bei der Bekämpfung der Pandemie einseitig aus der Verantwortung stehlen zu können, „der betrügt sich selber“, mahnte der Kanzler. Es gehe um die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen. Er wäre froh, wenn staatspolitisch alle an einem Strang ziehen würden, „aber leider ist das nicht der Fall“.

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