Konjunktur

Engpässe bremsen deutschen Aufschwung

Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten wie Mikrochips bremsen in der deutschen Industrie Produktion und die Exporte.
Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten wie Mikrochips bremsen in der deutschen Industrie Produktion und die Exporte. imago images/Jürgen Ritter
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Die deutsche Wirtschaft dürfte heuer deutlich schwächer wachsen als erwartet. 2022 soll eine kräftige Erholung folgen. Doch Lieferengpässe und Materialmangel schlagen sich auf die Stimmung in den Unternehmen.

Es wird kühler in Deutschland, und das liegt nicht nur am Herbst. Auch in der deutschen Wirtschaft sinken die Temperaturen: Die Erwartungen für die Konjunktur haben sich deutlich verschlechtert. Und so will die Bundesregierung ihren Wirtschaftsausblick für heuer nach unten schrauben: Für das laufende Jahr wird nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,6 Prozent erwartet. Im April war die Regierung noch von 3,5 Prozent Wirtschaftswachstum ausgegangen. Für nächstes Jahr liegt die Prognose dafür bei 4,1 statt wie bisher 3,6 Prozent, wie am Dienstag durchsickerte.

Offiziell stellt der scheidende deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier die Herbstprojektion der Regierung nämlich erst am heutigen Mittwoch vor. Die Regierung zieht damit nach – denn erst Mitte Oktober hatten führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognose für dieses Jahr heruntergeschraubt.

Die Prognosen bilden ab, was die Unternehmen seit geraumer Zeit umtreibt. Die anhaltenden Folgen der Pandemie und Lieferengpässe bremsen den Wirtschaftsaufschwung. Und so zeigten am Dienstag auch verschiedene Umfragen, wie sich die Stimmung in der deutschen Exportindustrie verschlechtert. Das Ifo-Barometer für die Exporterwartungen fiel um 7,5 auf 13 Punkte, teilte das Institut am Dienstag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mit. Das ist der schlechteste Wert seit Februar 2021. „Die Lieferprobleme bei den Vorprodukten schlagen nun auf die Exporte der Industrie durch“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest die Zahlen.

Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten wie Mikrochips bremsen die Produktion und die Ausfuhr von Waren. Laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag können 42 Prozent der Betriebe wegen Materialmangels ihre Aufträge nicht abarbeiten. Staus an großen Handelshäfen und fehlende Containerkapazitäten dämpfen zusätzlich.

Teure Energie trübt Wachstum

Ähnliches legte eine weitere Befragung offen. Die Furcht vor Einbußen in Folge der Coronakrise sei unter den mittelständischen Unternehmen in Deutschland zwar zurückgegangen. Dafür sorgten sich die kleinen und mittleren Firmen nun aber vor Lieferengpässen, wie die Förderbank KfW mitteilte. Die Betriebe gingen etwa von einem höheren Beschaffungsaufwand und Beeinträchtigungen in der Produktion aus. 41 Prozent der befragten Firmen erwarteten heuer Umsatzrückgänge. Gleichzeitig hätten sich die Unternehmen gut an die Coronakrise angepasst, hieß es seitens des Instituts. Es herrsche im Mittelstand aber nach wie vor Zurückhaltung in Bezug auf Investitionen.

Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in der EU. Ihre Probleme teilen die deutschen Unternehmen mit Betrieben in anderen europäischen Ländern. Und so dürfte es auch im Euroraum schlechter laufen als erwartet. Angesichts der anhaltenden Lieferengpässe werde die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Konjunkturerwartungen für 2021 wohl herunterschrauben, sagte Pablo Hernandez, spanischer Notenbankchef und Mitglied des EZB-Rats. Auch die steigenden Energiepreise und andere Entwicklungen dürften eine deutliche Revision nach unten beim Ausblick erforderlich machen, sagte er.

In Österreich läuft es besser

Im September hatten die Volkswirte der EZB für 2021 einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung im Euroraum von fünf Prozent erwartet. Am Donnerstag entscheidet die EZB wieder über den Leitzins. Aktualisierte Konjunkturprognosen werden aber erst zu ihrer Sitzung Mitte Dezember veröffentlicht.

Trotz Exportrückgängen im Jahr 2020 bleibt Deutschland mit großem Abstand der wichtigste Exportmarkt für Österreich. Knapp ein Drittel der Ausfuhren gingen 2020 zu den deutschen Nachbarn.

Aktuell verläuft die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich besser als in Deutschland. Erst vor gut zwei Wochen hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) seine Wachstumsprognose für heuer von vier auf 4,4 Prozent angehoben. Das Institut für Höhere Studien (IHS) erwartet nun 4,5 Prozent, nach 3,4 Prozent im Juni. Denn der „Rebound“ der Wirtschaftsleistung nach dem Ende des Lockdowns im Mai sei kräftiger gewesen als erwartet. Und die Wirtschaft brach zu Jahresbeginn weniger stark ein als befürchtet, so die Begründung der Ökonomen.

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