Recht

Mit Impfung zur Party, ohne in den Park, mit 3-G ins Büro

(210307) -- VIENNA, March 7, 2021 -- People enjoy their outdoor time at a park in Vienna, Austria, on March 7, 2021. ) A
(210307) -- VIENNA, March 7, 2021 -- People enjoy their outdoor time at a park in Vienna, Austria, on March 7, 2021. ) A(c) imago images/Xinhua (Guo Chen via www.imago-images.de)
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Ein Lockdown nur für Ungeimpfte sei ohne Gesetzesnovelle möglich, sagt das Ministerium. Wer dürfte dann im Alltag was machen?

Bis zu 1450 Euro Strafe sind vorgesehen, wenn jemand Ausgehbeschränkungen bricht. Und ebendiese Strafe dürfte Ungeimpften nach den Plänen der Regierung drohen, wenn wegen hoher Spitalsbelegung ein Lockdown nur für Nichtimmunisierte kommt. Aber wie müsste man einen solchen rechtlich absichern? Und was bliebe Personen ohne jegliche Immunisierung (weder geimpft noch genesen) erlaubt, wenn es so weit kommt?

Ein neues Gesetz sei nicht nötig, um einen Lockdown bloß für Ungeimpfte zu ermöglichen, betont das Gesundheitsministerium von Wolfgang Mückstein (Grüne). Es reichten das bisherige und eine Verordnung, die man aber erst „zeitnah zur Erlassung“ präsentieren wolle. Also erst, wenn es mit der Überlastung im Gesundheitssystem ernst würde. Konkret soll der Lockdown für Ungeimpfte greifen, wenn mehr als 30 Prozent der Intensivbetten ausgelastet sind. Aber das Covid-Gesetz macht bereits jetzt gewisse Vorgaben für das, was dann möglich wäre oder nicht.

Park ja, Party nein

Während etwa eine Party für Nichtgeimpfte tabu wäre, dürften sie weiter zur Erholung ins Freie gehen. Allein im Park spazieren bleibt also straffrei. Auch die „Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens“ müsste jedenfalls erlaubt bleiben. Darunter fällt ein Treffen mit einzelnen engsten Bezugspersonen (etwa dem Lebenspartner, dem allerbesten Freund oder engsten Angehörigen). Aber auch der Weg zum Supermarkt bliebe möglich. Legal wäre es hingegen, Ungeimpften einen Bummel in Kleidergeschäfte zu untersagen, denn ein neues T-Shirt ist in aller Regel nicht lebensnotwendig. Auch den Weg zum Wirt könnte man Nichtimmunisierten abschneiden.

Dass man Geimpfte und Nichtgeimpfte grundsätzlich unterschiedlich behandeln darf (man denke nur an die Testpflichten für Letztere), geht aus dem Gesetz hervor. Bei der Frage, ob die Differenzierung so weit gehen kann, dass ein reiner Lockdown für Ungeimpfte möglich wird, formuliert Jus-Professor Karl Stöger von der Universität Wien lieber vorsichtig. „Die gesetzlichen Grundlagen erlauben es jetzt eher als bisher“, sagt er. So helfe die neu eingeführte 3-G-Regel für den Arbeitsplatz. Denn dorthin gehen darf man auch immer. Und nach den alten Regeln konnte jeder sagen, er sei nur auf der Straße, um zur Arbeit zu kommen. Künftig aber müsste man, um diese Behauptung zu untermauern, als Ungeimpfter zumindest einen 3-G-Nachweis vorlegen. Das sei im Falle eines Lockdowns ein logischeres Gesamtsystem und erleichtere der Polizei, zu kontrollieren, wer warum auf der Straße ist. Dass die Exekutive auf der Straße dann nachfragt, wer einen Impfnachweis hat, wäre möglich, sagt Stöger. Auch das Ministerium bestätigt dies: „Die Polizei kann die Gesundheitsbehörden im Fall von 3-G-Kontrollen unterstützen.“

Denkbar wäre es, den „Lockdown“ für Ungeimpfte auch von der anderen Seite zu regeln. Also dass man ihnen nicht verbietet, vor ihre Haustür zu gehen, aber dafür untersagt, fast überall anders hineinzugehen. Die gesetzlich angedrohten Strafen wären dann günstiger, die offenen Fragen dieselben. Wären z. B. Kleidergeschäfte gezwungen, Impfnachweise zu überprüfen?

Wer als Ungeimpfter keinen Lockdown mitmachen will, wäre gut betraten, bald zum Arzt zu gehen. Denn mit einem schnellen Stich erst bei Ausrufung des Lockdowns wäre es nicht getan. Das Ministerium verweist auf die aktuelle Covid-Verordnung, laut der man bei Pfizer und Moderna bereits beide Impfungen erhalten haben muss, um den Nachweis über „eine geringe epidemiologische Gefahr“ zu erbringen. Bei Johnson & Johnson (Einmalimpfung, wenngleich auch hier inzwischen eine zweite empfohlen wird) dauert es nach dem ersten Stich auch noch 22 Tage, bis man rechtlich als immunisiert gilt. Welche genauen Regeln bei einem Lockdown gelten, könne man aber heute noch nicht sicher sagen, betont das Ministerium.

Gelten soll der Lockdown für Ungeimpfte ohnedies erst in Stufe 5 des Regierungsplans. Und Kritiker verweisen darauf, dass dann so viel Feuer am Dach wäre, dass erst recht wieder alle (auch Geimpfte und Genesene) mit neuen Einschränkungen rechnen müssten, um die Lage medizinisch in den Griff zu bekommen. Andererseits wäre es bei Geimpften schon deutlich schwieriger, zu starke Eingriffe in ihre Grundrechte rechtlich zu argumentieren.

Schulen: Test plus Maske zulässig

Das letzte Wort hätte der Verfassungsgerichtshof, der von Gegnern der Covid-Maßnahmen regelmäßig angerufen wird. In zwei am Mittwoch bekannt gegebenen Entscheidungen machte er aber klar, dass in der Pandemie bestimmte Einschränkungen erlaubt sind. So bestätigte er das im vergangenen Winter erlassene Verbot für Kulturbetriebe, aufzusperren. Es sei nämlich nicht gegen die Kunstfreiheit gerichtet, sondern eine (geeignete) Maßnahme gewesen, um Kontakte zu reduzieren. Überdies betonten die Richter, dass es im vergangenen Frühjahr in Ordnung war, von Schülern neben Covid-Tests auch das Tragen von Masken zu verlangen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2021)

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