Lettland

Lettland, der Covid-Hotspot Europas

Anstellen für eine Covid-Impfung in Riga.
Anstellen für eine Covid-Impfung in Riga.APA/AFP/GINTS IVUSKANS
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Lettland war das erste europäische Land, das seit dem Frühling wieder einen Lockdown beschloss. Die neuen Maßnahmen zeigen erste Wirkung bei der Impfbereitschaft im Land.

Es war ein neuer Rekord. Der nächste traurige Rekord. 3206 Covid-Fälle binnen 24 Stunden in Lettland ist die höchste Zahl, die das baltische Land in der Pandemie bisher gezählt hatte. 2314 (rund 72 Prozent) der neu mit dem Sars-CoV-2 infizierten Personen waren nicht oder nicht vollständig geimpft. Auffallend auch die Positiv-Quote bei den Tests, mehr als 11 Prozent aller analysierten Tests fielen Covid-positiv aus.

Aber das Coronavirus trifft auch die Nachbarn Estland und Litauen derzeit hart. Nach Angaben der nationalen Gesundheitsbehörden wurden in Lettland in den vergangenen 14 Tagen rund 1737 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registriert, in Estland waren es 1408 und in Litauen 1365. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC weist für die drei Ostseestaaten aktuell die höchsten Infektionsraten in Europa aus.

Neue Maßnahmen, Lettland im Lockdown

Zur Eindämmung der Pandemie haben die Regierungen in Riga und Tallinn zuletzt strikte Corona-Schutzmaßnahmen verhängt. In Lettland gilt seit einer Woche bis zum 15. November ein Lockdown mit umfassenden Beschränkungen und einer nächtlichen Ausgangssperre, in Estland seit dem 25. Oktober in vielen Bereichen die 2G-Regel und eine verschärfte Maskenpflicht. Damit soll auch die Überlastung des Gesundheitsweisen reduziert werden: Die Krankenhäuser stoßen bereits an ihren Grenzen und werden mit der Versorgung der steil anwachsenden Zahl von Covid-19-Patienten kaum noch fertig. Lettland bemüht sich deshalb bereits um internationale Hilfe.

Das größte Covid-Krankenhaus Lettlands in Riga, genannt „Rakus“, hat seine Kapazitäten mittlerweile erweitert und in der Parkgarage Notfallbetten aufgestellt.

Als ein Grund für die steigenden Fallzahlen gelten die geringen Impfraten: Nur gut die Hälfte der Bevölkerung ist in Lettland und Estland jeweils vollständig gegen Corona geimpft, in Litauen sind es rund 60 Prozent. Die Regierungen der drei EU-Länder bemühen sich seit Monaten mit nur mäßigem Erfolg, die geringe Impfbereitschaft zu erhöhen. Besonders die Gesundheitsminister stehen dafür in der Kritik - gegen sie wurden bereits wiederholt Rücktrittsforderungen laut.

Durch die jüngsten Maßnahmen - die auch viele Arbeitnehmer zu einer Impfung verpflichtet - ist die Impfrate in Lettland zuletzt deutlich gestiegen. Der Nationale Gesundheitsdienst berichtete von über 10.000 Impfungen in dieser Woche pro Tag. An den ersten drei Arbeitstagen seien in Lettland 32.645 Personen geimpft worden. Das ist für ein Land mit 1,9 Millionen Einwohnern eine durchaus beachtliche Zahl. Zuletzt konnte Lettland Nachbarn Estland bei der Impfrate bereits überholen.

Die lettischen Behörden argumentieren auch mit Zahlen aus dem September für eine Impfung. Es gebe zwar Impfdurchbrüche bei vollimmunisierten  Menschen, doch die Gefahr einer schweren Erkrankung sei deutlich geringer, das würden auch die Belegungszahlen in den Krankenhäusern zeigen. Im September - als sich die aktuelle Covid-Welle erst aufbaute - waren 88,5 Prozent der hospitalisierten Covid-Patienten nicht oder nicht vollständig geimpft, das waren 332 Personen. 43 Patienten (11,5 Prozent) waren hingegen geimpft.

Von den 139 Verstorbenen im September waren 124 (89,2 Prozent) nicht oder nicht vollständig geimpft. 15 Personen starben an bzw. mit Covid-19 trotz Impfung - viele von ihnen mit anderen Krankheiten. Nur drei der Toten waren jünger als 60 Jahre.

Schachturnier kämpft mit Absagen

Die Covid-Lage in Kombination mit dem Lockdown sorgt in der lettischen Hauptstadt Riga auch für Komplikationen beim großen Schachturnier „Grand Swiss“. Das Turnier findet zwar statt, doch der US-amerikanische Großmeister Hikaru Nakamura hat bereits seinen Rückzug angekündigt. „Sollte es in Lettland tatsächlich zu einer harten Abriegelung kommen, die in wenigen Tagen beginnt, werde ich aus Respekt vor den an Covid erkrankten Letten und aus Rücksicht auf meine Gesundheit und die Sicherheit meines Trainers nicht am Schachturnier in Riga teilnehmen“, schrieb er vor wenigen Tagen auf Twitter. Wenig später verkündete auch der indische Großmeister Vidit Gujrathi seinen Rückzug vom Turnier.

Der Lockdown in Lettland

Um die Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen, dürfen nur Geschäfte für den täglichen Bedarf offen bleiben. Auch Freizeit-, Kultur-, Unterhaltungs- und Sportstätten bleiben zu, gastronomische Betriebe dürfen nur noch außer Haus verkaufen.

Veranstaltungen und Versammlungen sind untersagt. Zudem dürfen die Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnung von 20 bis 5 Uhr nur mit triftigem Grund verlassen. Für die meisten Arbeitnehmer gilt eine Homeoffice-Pflicht, der Schulbetrieb wird auf Fernunterricht umgestellt.

(APA/dpa/Red.)

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