Geldpolitik

Lagarde: "Wir sprachen über Inflation, Inflation, Inflation"

Christine Lagarde.
Christine Lagarde.APA/AFP/DANIEL ROLAND
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Die steigenden Verbraucherpreise waren das dominierende Thema im Rat der Europäischen Zentralbank. Dennoch glaubt man an ein vorübergehendes Phänomen.

Steigende Inflationsraten und eine nicht mehr ganz so starke Wirtschaftserholung werden von den Vertretern der Europäischen Zentralbank zwar mit Argusaugen beobachtet. Unter Zugzwang sah man sich am Donnerstag aber nicht.

Am 1,85 Billionen Euro schweren Corona-Krisenprogramm Pepp will die Notenbank jedenfalls weiterhin festhalten. Zumindest vorübergehend. Doch dürfte das Pepp im kommenden Jahr, konkret Ende März, wie geplant auslaufen. Derzeit gebe es keinen Grund für eine andere Annahme, betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der jüngsten Zinssitzung. Im Dezember will die Notenbank die Märkte dann mit konkreten Infos versorgen, wenn neue Prognosen zu Konjunktur und Inflation vorliegen.

Ob das Volumen des Pepp voll ausgeschöpft wird (werden muss) ist derzeit aber noch unklar. Seit der Auflage hat die Notenbank Wertpapiere (bis Mitte Oktober) im Umfang von rund 1,5 Billionen Euro gekauft. Schon im zweiten Quartal reduzierte die EZB ihre Interventionen an den Finanzmärkten, ebenso im dritten Quartal. Lagarde sprach in diesem Zusammenhang von „kalibrieren, nicht reduzieren“. Das Zurückfahren von Anleihenkäufen wird im Notenbank-Jargon „Tapering“ genannt und gibt den Finanzmärkten einen Hinweis auf bald überstandene Krisen. Ziel der Anleihenkäufe seitens der EZB ist ein günstiges Finanzierungsumfeld für die Staaten der Eurozone. Die Zentralbank drückt mit den Käufen von Anleihen die Refinanzierungskosten der (durch die Pandemie hoch verschuldeten) Mitgliedsländer.

Teuerung auf 13-Jahres-Hoch

In Sachen Inflation hält die EZB an ihrem bisher bekannten Wording fest. Und sieht den Anstieg der Verbraucherpreise nach wie vor als vorübergehendes Phänomen. „Wir erwarten, dass sie (die Inflation, Anm.) in diesem Jahr weiter ansteigt“, so Lagarde. „Aber während die gegenwärtige Phase höherer Inflation länger anhalten wird, rechnen wir damit, dass die Inflation im Verlauf des nächsten Jahres sinken wird.“

Mittelfristig sei weiterhin damit zu rechnen, dass die Teuerung unter dem EZB-Ziel von zwei Prozent liegen werde. Währungshüter halten die Zahl jedoch für zu niedrig gegriffen, wie Reuters aus dem Führungskreis der Europäischen Zentralbank erfuhr.

Zu den Haupttreibern für die Inflation zählte Lagarde die Energiepreise, Angebotsengpässe im Zuge der wirtschaftlichen Erholung und Basiseffekte, wie die zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer in Deutschland. Das Thema Inflation habe die Diskussionen im EZB-Rat jedoch dominiert, gestand die Französin ein. „Wir sprachen über Inflation, Inflation, Inflation“, sagte sie bei der anschließenden Pressekonferenz.

Die Teuerung in der Eurozone kletterte im September auf 3,4 Prozent und war damit so hoch wie seit 13 Jahren nicht. Für Oktober wird von Experten ein weiterer Anstieg auf 3,7 Prozent erwartet. Am Freitag wird es dazu eine Schnellschätzung der europäischen Statistikbehörde für den Euroraum geben.

„Die derzeit steigenden Inflationserwartungen sind ein besonders starkes Argument für ein Ende der Pepp-Käufe im März 2022. Daran ändert auch die aktuelle Abkühlung der Konjunktur nichts“, kommentierte ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann den EZB-Entscheid.

Den Leitzinssatz beließ die Notenbank wie erwartet auf dem Rekordtief von null Prozent – wo er bereits seit März 2016 ist. Der sogenannte Einlagesatz bleibt weiterhin bei minus 0,5 Prozent. Und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern.(nst/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2021)

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