Justiz

Inseratenaffäre: Wird Meinungsforscherin B. zur Kronzeugin?

Symbolbild: Blick auf das Bundeskanzleramt
Symbolbild: Blick auf das Bundeskanzleramt Die Presse, Clemens Fabry
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Bei ihrer Beschuldigteneinvernahme soll Sabine B. dem Anlassbericht des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung zufolge bereit gewesen sein, umfassend auszusagen. Die ÖVP gibt sich gelassen.

In der Inseratenaffäre rund um Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) könnte es ein erstes Geständnis gegeben haben: Wie das Ö1-„Morgenjournal“ und der „Standard“ am Freitag unter Berufung auf einen Anlassbericht des Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung berichten, soll sich die Meinungsforscherin Sabine B. gegenüber den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geständig gezeigt und einen Kronzeugenstatus beantragt haben.

Zwar enthält der Anlassbericht kein Protokoll der Aussage von B., jedoch liegt ihm eine Rechtsbelehrung der WKStA bei. Darin wurde laut den Medienberichten festgehalten, dass B. freiwillig ihr Wissen über Tatsachen und/oder Beweismittel offenbaren und zur umfassenden Aufklärung beitragen wolle, wie es für eine Kronzeugenregelung gefordert wird. Allerdings wird B. auch darauf hingewiesen, dass sie nur bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen Anspruch auf eben diese habe. Weiters wurde sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie Stillschweigen über ihre Aussagen wahren müsse.

Chats mit anderen Beschuldigten gelöscht

Die Vorgeschichte: In der sogenannten Inseratenaffäre geht es - so jedenfalls die Sicht der WKStA - um Umfragen, die Kurz (damals noch Außenminister) ab dem Jahr 2016 in ein gutes Licht rücken sollten, um erst Bundesparteichef der ÖVP und letztlich Bundeskanzler zu werden. Mutmaßlich wurden sie vom Finanzministerium bezahlt und von der Mediengruppe „Österreich“ gegen Bezahlung verbreitet. Aufgekommen ist der Verdacht aufgrund von publik gewordenen Chatnachrichten, die Folge waren Anfang Oktober Hausdurchsuchungen im Kanzleramt, im Finanzministerium und in der ÖVP-Zentrale sowie der Rücktritt von Kurz als Regierungschef.

Am 12. Oktober um 6.45 Uhr wurde Sabine B. kurzzeitig festgenommen, da ihr vorgeworfen wurde, wenige Stunden vor den Hausdurchsuchungen Chats mit anderen Beschuldigten gelöscht zu haben. Sie wird verdächtigt, besagte Umfragen zugunsten von Kurz erstellt und über Scheinrechnungen mit dem Finanzministerium abgerechnet zu haben. Juristisch gesprochen lauten die Vorwürfe auf Untreue und Bestechung; wie für alle Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.

Beratungen mit Anwältin

Dem „Standard“ zufolge konnte B. nach ihrer Festnahme ihre Anwältin kontaktieren, die ihr um 7.30 Uhr geraten habe, vorerst keine Aussage zu machen. Danach wurde B. dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung übergeben und in den Arrest im Stadtpolizeikommando Meidling überstellt, wo sie sich mit ihrer Anwältin beraten durfte. Die Beschuldigteneinvernahme durch die WKStA - aufgezeichnet in Bild und Ton -  fand dann am Folgetag statt. 

Aus der Haft entlassen wurde B., weil nach ihrer „geständigen Verantwortung“ der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht mehr bestanden habe. Am 13. Oktober um 17.40 Uhr sei sie daher wieder auf freien Fuß gesetzt worden. davor aber, so heißt es im Polizeibericht, habe sie zugesagt, fortan jeglichen Kontakt zu anderen Beschuldigten zu unterlassen.

ÖVP gibt sich gelassen

Gelassen reagierte am Freitag die ÖVP: „Wir sind froh, wenn die Ermittlungen schnell voranschreiten und wir sind zuversichtlich, dass der Sachverhalt bald aufgeklärt wird und sich die falschen Vorwürfe gegen Sebastian Kurz rasch entkräften lassen", wurde mitgeteilt.

Anders FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Die Luft für das türkise System wird immer dünner", befand er in einer Aussendung. „ Der Countdown läuft." Die sichergestellten Chat-Nachrichten zeigten, wie sich Kurz "erst den Weg an die Parteispitze freiputschte und anschließend mit Hilfe frisierter Umfragen den Aufschwung der ÖVP inszenierte", meinte Kickl. „Wenn jetzt die Meinungsforscherin bei den Behörden auspackt, dann kann das nur zu einem raschen Ende für das türkise System führen.">>> Bericht im Ö1-„Morgenjournal“

>>> Bericht des „Standard“ 

(hell/APA)

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