Asyl: VfGH stoppt Abschiebung nach Griechenland

Asyl: VfGH stoppt Überstellung nach Griechenland
Asyl: VfGH stoppt Überstellung nach GriechenlandSymbolbild: Flüchtlinge in Griechenland (c) AP (Boris Grdanoski)
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Die Verfassungsrichter heben wegen der schlechten Versorgungslage die Abschiebung nach Griechenland auf. Künftig ist in jedem Einzelfall eine Betreuungs-Zusage der griechischen Behörden nötig.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat erstmals die Überstellung einer Asylwerberin nach Griechenland als verfassungswidrig aufgehoben. Außerdem haben die Verfassungsrichter in ihrer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung eine neue Hürde für derartige Abschiebungen in das wegen seines miserablen Asylwesens in der Kritik stehende EU-Land eingezogen: Vor der Überstellung besonders schutzwürdiger Personen müssen die österreichischen Behörden bei den griechischen Kollegen künftig eine individuelle Betreuungs-Zusage für die betroffenen Asylwerber einholen - andernfalls muss die Abschiebung unterbleiben.

Zustände unmenschlich und lebensgefährlich

Laut Europarecht ("Dublin-Abkommen") ist für ein Asylverfahren jenes EU-Land zuständig, in dem der Flüchtling die EU-Außengrenze überschritten hat. Griechenland steht allerdings seit Jahren in der Kritik durch internationale Organisationen und Flüchtlingshelfer. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR bezeichnet die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern als unmenschlich und lebensgefährlich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat angekündigt, sämtliche an ihn herangetragenen Überstellungen in das EU-Land stoppen zu wollen. Mehrere EU-Länder (unter anderem Großbritannien, die Niederlande und Dänemark) haben Dublin-Abschiebungen nach Griechenland bereits eingestellt.

Österreich schiebt weiter nach Griechenland ab

Österreich überstellt trotz der bekannten Kritik weiterhin Flüchtlinge nach Griechenland. Eine aus Afghanistan stammende Frau mit drei minderjährigen Kindern ist mit ihrer Beschwerde gegen die Abschiebung nun aber erfolgreich gewesen. Aufgrund der unbestrittenermaßen schwierigen Betreuungssituation für Asylwerber in Griechenland hätte eine Überstellung zu einer Verletzung des in der Menschenrechtskonvention verankerten Verbots von Folter sowie unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung führen können, urteilten die Verfassungsrichter in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Erkenntnis.

Außerdem ziehen die Verfassungsrichter eine zusätzliche Hürde für die Abschiebung von besonders schutzbedürftigen ("vulnerablen") Flüchtlingen nach Griechenland ein: Wollen die österreichischen Behörden künftig Mütter mit Kleinkindern oder unbegleitete Minderjährige nach Griechenland überstellen, dann müssen sie in jedem Einzelfall von den griechischen Behörden eine individuelle Zusicherung einholen, mit der die Versorgung in Griechenland konkret zugesagt wird. Andernfalls wäre die Abschiebung unzulässig.

Das Innenministerium will die Auflagen des VfGH erfüllen, einen generellen Abschiebungsstopp wird es aber nicht geben. Von der Griechenland-Problematik sind Hunderte Asylwerber betroffen.

Indes fordern Flüchtlingshelfer einen Abschiebungsstopp nach Griechenland.

(APA)

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