Nach 30 Jahren Klimapolitik hat die Welt nur wenig vorzuweisen. In Glasgow starten die Länder den nächsten Versuch, die Erderhitzung einzudämmen. Der Druck ist enorm – die Aussichten nicht unbedingt.
Glasgow. Das Drehbuch stimmt: Kurz vor Beginn der 26. Weltklimakonferenz wird Gastgeber Schottland von den verheerendsten Fluten seit Jahren heimgesucht. Auch Glasgow steht unter Wasser. Ab Sonntag werden hier 196 Staaten bis Mitte November verhandeln, wie sie die nahende Klimakrise abwenden sollen. Die Latte liegt hoch: Ein Jahr voll Hochwasser, Dürren und Waldbränden haben den Blick für die Gefahren der Erderwärmung geschärft. Umweltschützer, Medien und auch manche Politiker hypten das Treffen deshalb auch zum „Gipfel der letzten Chance“. Wie jede Klimakonferenz der Vereinten Nationen ist auch die COP26 in Glasgow vor allem hochpolitisch, komplex und sehr emotional. Es geht um Geld, Schuld – und um das Ende einer Welt, deren Wohlstand von Kohle, Öl und Gas abhängt. Kann der Gipfel diesen hohen Erwartungen gerecht werden? Eine Einordnung.
1. Wie ist die Ausgangslage? Ist die Klimakonferenz in Glasgow wirklich die letzte Chance?
Fakt ist, die Menschheit hat den Planeten in seinen wärmsten Zustand seit 100.000 Jahren getrieben, sagt der Weltklimarat IPCC. Die Konzentration von schädlichen Treibhausgasen in der Atmosphäre ist so hoch wie nie zuvor. Und allen Versprechen der Regierungen zum Trotz steigen die Emissionen unbeirrt an. Wissenschaftler fordern die sofortige und drastische Reduktion des CO2-Ausstoßes, um fatale Folgewirkungen wie Hungersnöte und zu hohen Migrationsdruck zu vermeiden. Allein in Asien leben Hunderte Millionen Menschen direkt an der Küste. Ein Anstieg des Meeresspiegels, aber auch eine Zunahme an Fluten, Hitzewellen und Stürmen träfe sie hart. Gleichzeitig sind es die wachstumsstarken Volkswirtschaften in Asien, die den Großteil der steigenden Kohlendioxid-Emissionen der nächsten Jahre beisteuern werden. Die COP26 ist eine Bühne, auf der entscheidende Weichen für den Klimaschutz gestellt werden sollen. Aber sie ist nicht die einzige – und nicht die letzte.