Konzerthaus

Naturkatastrophen und Ouvertüren zum Schluss

Im Konzerthaus feierte man 50 Jahre Diplomatie mit China

Es begann wie ein drohendes Murmeln in den Harfen. Getrieben durch ein nervöses Kieselsteinklopfen, setzten die groß besetzten Symphoniker allmählich ein, bis die Luft im Großen Saal vor dem lauten Puls nur so zitterte. Tan Duns Konzert für Schlagwerk und Orchester ist Programmmusik, der erste Satz wurde vom Erdbeben von 2008 in der chinesischen Provinz Sichuan inspiriert. Mit diesem Werk feierte man im Konzerthaus 50 Jahre diplomatische Beziehungen zu China. Malt es ein besorgniserregendes Bild der aktuellen Diplomatie, dass sowohl Tan Dun sein Dirigat als auch Martin Grubinger seinen Soloauftritt absagten? Grubingers Meisterschülerin Vivi Vassileva war jedenfalls ein exzellenter Ersatz.

Dass Tan Dun auch Filmmusiker ist, hörte man stellenweise im zweiten Satz: Die Natur bereute ihre Katastrophen mit warmen Marimbaklängen. Die melodramatisch angehauchte Orchesterbegleitung behielt eine dissonante Note, wie um daran zu erinnern, dass hier doch ein Monster weint, das bereit ist, bald wieder rücksichtslos zu töten. Etwa mit dem Hurrikan Sandy, den Vassileva im letzten Satz mit wilden Soli imaginierte.
Grübeln ließ die Programmierung der zweiten Hälfte: Unter dem engagierten jungen Dirigenten Lio Kuokman spielten die Symphoniker erst Debussys Prélude à l'après-midi d'un faune und seine Rhapsodie für Klarinette und Orchester mit dem luftig weich spielenden Gerald Pachinger an der Klarinette. Dann die Karnevalsouvertüren von Berlioz und Dvořák. Hat da jemand Halloween mit Fasching verwechselt? Ouvertüren am Schluss? Keine Katastrophe, fühlte sich aber an, als stehe die Welt kopf.

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