Klimaschutz

G-20-Gruppe stellt sich hinter 1,5-Grad-Klimaziel

REUTERS
  • Drucken

Bis "Mitte des Jahrhunderts" soll CO2-Neutralität erreicht werden. Ab kommendem Jahr soll es keine Finanzierung von "schmutzigen" Kohlekraftwerken mehr geben. Die G20-Staaten wollen auch für bessere Verteilung von Impfstoffen sorgen.

Die G20-Mitglieder haben sich in schwierigen Verhandlungen auf ambitioniertere Klimaziele verständigt. In der geplanten Abschlusserklärung des Gipfels wollen sich die stärksten Wirtschaftsnationen der Welt im Grundsatz hinter das 1,5-Grad-Ziel stellen, wie es am Sonntag in Delegationskreisen hieß. Zudem einigten sie sich darauf, bis "Mitte des Jahrhunderts" CO2-neutral zu werden. Ab kommendem Jahr wollen die G20 keine "schmutzigen" Kohlekraftwerke mehr im Ausland finanzieren.

Die G20 wollen Entwicklungsländern helfen, "so schnell wie möglich" aus der Kohletechnik auszusteigen. Die Staaten unterstreichen auch das Ziel, den Entwicklungsländern bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. In dieser Dekade müsse daran gearbeitet werden, die nationalen Klimaschutzziele anzuschärfen.

Die Unterhändler der G20-Mitglieder hatten die ganze Nacht über verhandelt, um die Einigung zu erzielen. Die Kompromissformulierung für die Abschlusserklärung sieht nach AFP-Informationen nun vor, dass die G20-Mitglieder das 1,5-Grad-Ziel gemeinsam "in Reichweite" halten wollen. Dieses Ziel erfordere aber "erhebliche Anstrengungen in allen Ländern", heißt es im Entwurf der Abschlusserklärung.

Bei der Klimaneutralität hatte die italienische G20-Präsidentschaft zunächst ein ehrgeizigeres Ziel angestrebt: Sie wollte das Jahr 2050 als Zielmarke für die CO2-Neutralität festschreiben. Gegen eine solche Festlegung gab es aber Widerstand - vor allem von Schwellenländern und von Staaten mit großer Produktion fossiler Energien.

Die EU hatte sich bereits auf das Zieljahr 2050 für CO2-Neutralität festgelegt. Deutschland will dieses Ziel bis 2045 erreichen. Russland und China strebten bisher das Jahr 2060 an. Andere G20-Länder wie etwa Indien wollten sich bisher nicht auf ein Zieldatum festlegen.

Die G20-Gruppe steht für fast 80 Prozent des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen. Die G20 setzt mit der Einigung in Rom ein Signal zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Glasgow.

Der Gastgeber des G20-Gipfels, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi, hatte zum Auftakt der Klima-Beratungen Sonntagfrüh an die Staats- und Regierungschefs appelliert: "Die Entscheidungen, die wir heute treffen, werden direkte Auswirkungen auf den Erfolg des Gipfels von Glasgow haben - und auf unsere Fähigkeit, die Klimakrise in den Griff zu bekommen."

Die Unterstützung für das 1,5 Grad-Ziel geht über die im Klimaabkommen von Paris genannte Marke hinaus. Dort war vereinbart worden, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen.

Unter dem 1,5-Grad-Ziel versteht man das Ziel, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. CO2-Neutralität bedeutet, dass nicht mehr Kohlendioxid ausgestoßen wird, als die Atmosphäre aufnehmen kann.

Lieferhindernisse bei Impfstoffverteilung beseitigen

Die großen Wirtschaftsmächte (G20) wollen für eine bessere Verteilung von Corona-Impfstoffen in der Welt sorgen. In der Erklärung zum Abschluss ihres Gipfels am Sonntag in Rom wird ein "zeitgerechter, fairer und universeller Zugang" zu Impfstoffen versprochen. Die G20 wolle helfen, das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erreichen, bis Jahresende 40 Prozent der Bevölkerung "in allen Ländern" zu impfen und bis Mitte 2022 eine Impfrate von 70 Prozent zu erreichen.

Die G20-Staaten wollten dafür die Versorgung mit Impfstoffen ausweiten und Liefer- und Finanzierungshindernisse beseitigen, heißt es in dem Dokument weiter. Auch die internationale Covax-Plattform zur Verteilung von Impfstoffen, die bisher ihre Ziele nicht erreichen konnte, soll wirksamer arbeiten können. Während in reichen Ländern heute schon rund 70 Prozent geimpft sind, fällt die Quote in armen Ländern auf drei Prozent.

Die G20-Staaten wollen auch lokale Herstellungskapazitäten unterstützen, indem Drehscheiben für Technologietransfer in verschiedenen Regionen gefördert werden. Genannt werden neu gegründete regionale Zentren in Südafrika, Brasilien und Argentinien. Auf die von G20-Staaten wie Südafrika, Indien und China geforderte Aussetzung von Patenten geht das Dokument nicht ein.

Versprochen wird auch eine Zusammenarbeit zur gegenseitigen Anerkennung von Impfstoffen, die als wirksam angesehen werden. "Wir werden unsere Bemühungen ausweiten, um die transparente, schnelle und vorhersehbare Lieferung und Inanspruchnahme von Impfstoffen sicherzustellen, wo sie gebraucht werden", steht im Kommuniqué. Auch unterstützen die Staats- und Regierungschefs die Gründung einer Arbeitsgruppe der Finanz- und Gesundheitsminister, um den Kampf gegen das Virus und die Vorbeugung gegen künftige Pandemien besser zu koordinieren.

(APA/AFP/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Gipfeltreffen

G20-Staaten wollen Tempo bei Steuern, Klima und Impfungen

Regierungen stellen sich hinter globale Mindeststeuer. Weltweite Impfstoffversorgung soll verstärkt werden. Ursprüngliche Klima-Zielvorgaben werden gestrichen.
Trudeau und Johnson
Italien

G20-Zuspätkommer Johnson und Trudeau sorgen für Lacher

Ihre Amtskollegen hatten sich am Samstagvormittag schon zum Gruppenfoto aufgestellt, als auffiel, dass zwei Plätze auf dem Podium leer waren.
Emmanuel Macron
Rom

G20-Gipfelstart mit Fokus auf Impfkampagne und Klimapolitik

Die Staats- und Regierungschefs der G20 tagen unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen im Kongresszentrum "Die Wolke" in Rom.
G20
Gipfeltreffen

Klima, Mindeststeuer, Pandemie: Die wichtigsten G20-Beschlüsse

Der G20-Gipfel in Rom hat sich auf eine Reihe von Festlegungen geeinigt, die über frühere Beschlüsse der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer hinausgehen. Es folgt ein Überblick.
Symbolbild
Gipfeltreffen

G20-Staaten wollen Tempo bei Steuern, Klima und Impfungen

Regierungen stellen sich hinter globale Mindeststeuer. Weltweite Impfstoffversorgung soll verstärkt werden. Ursprüngliche Klima-Zielvorgaben werden gestrichen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.