UN-Klimakonferenz

COP26 gestartet: "Moment der Wahrheit für die Welt"

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Unmittelbar vor dem Start der UN-Klimakonferenz in Schottland hat der britische Premierminister Boris Johnson die Weltgemeinschaft mit Nachdruck zum Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen.

Mit etwas Verzögerung hat die Weltklimakonferenz COP26 im schottischen Glasgow offiziell begonnen. Unter dem Vorsitz von Großbritannien verhandeln ab Sonntag Regierungsvertreterinnen und -vertreter aus rund 200 Staaten zwei Wochen lang über eine globale Klimapolitik. Ausrichter der Veranstaltung sind die Vereinten Nationen. Die offizielle Eröffnungszeremonie, deren Beginn sich um etwa eine Stunde verschob, begann mit einer Schweigeminute für die Opfer der Corona-Pandemie.

Oberstes Ziel der Vertragsstaaten ist, die Erderwärmung möglichst unter 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu halten. Darauf hatten sich die Staaten bei der entscheidenden Weltklimakonferenz in Paris vor sechs Jahren verbindlich verständigt. Diesmal sollen zahlreiche Staats- und Regierungschefs gleich zu Beginn als Impulsgeber agieren. Neben der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Joe Biden wird auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am 1. und 2. November am World Leaders Summit in Glasgow teilnehmen.

"Lassen Sie uns sicherstellen, dass Glasgow hält, was Paris versprochen hat", sagte der frisch gewählte britische Präsident der COP26, Alok Sharma, am Sonntag in Glasgow. Das Fenster, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, schließe sich, sagte er. Es häuften sich Überschwemmungen, Wirbelstürme und Rekordtemperaturen. Die Welt verändere sich zum Schlechteren und die Menschheit könne das nur gemeinsam bekämpfen. "Diese COP ist unsere letzte große Hoffnung, 1,5 Grad im Rahmen des Möglichen zu halten. Diese internationale Konferenz muss liefern."

Der britische Premierminister Boris Johnson erklärte Sonntagfrüh, er hoffe auf eine "Atmosphäre der Verantwortung und Ambition", um das Pariser Ziel am Leben zu halten. Bis zum 12. November wollen die Staatenvertreter miteinander verhandeln. Es reisen voraussichtlich etwa 25.000 Menschen an, darunter Tausende Journalisten und Klimaschutzaktivisten. Zentrale Themen sind der Handel zwischen den Staaten bei der Reduktion von Treibhausgasen sowie die Finanzierung von Schäden und Verlusten durch die Erderwärmung vor allem in ärmeren Ländern.

COP ist die Abkürzung der UNO-Klimakonferenzen, dahinter steht "Conference of the Parties" also auf Deutsch die Vertragsstaatenkonferenz. Die COP1 fand in 1995 in Berlin statt, nun startet die aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschobene COP26 in Glasgow. Der Gipfel ist bis 12. November angesetzt. Bei dem Treffen sollte jedenfalls Schwung in den Klimaschutz kommen, denn spätestens jetzt müssen sich die Staaten zu verstärkten Bemühungen verpflichten.

Rund um die Konferenz fordern Umweltschützer mit Demonstrationen von der Politik Taten ein. Am Samstag mahnten Hunderte Teilnehmer einer von der Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion angeführten Kundgebung im Stadtzentrum - auf Plakaten - "Taten statt Worte" und "Stoppt fossile Brennstoffe" ein. Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg ist mittlerweile mit dem Zug in Glasgow eingetroffen.

„Es wird eine Menge Kraft kosten"

Unmittelbar vor dem Start der UN-Klimakonferenz  hatte der britische Premierminister Boris Johnson die Weltgemeinschaft mit Nachdruck zum Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. "COP26 ist der Moment der Wahrheit für die Welt", erklärte Johnson Samstagabend.

Johnson will am Sonntagabend vom G20-Gipfel in Rom nach Glasgow fliegen. Er äußerte in seinem Statement die Hoffnung, dass die Staats- und Regierungschefs mit entschiedenen Maßnahmen im Gepäck in die schottische Stadt reisen.

Auf dem Flug zum G20-Gipfel in Rom am Samstag hatte er eine Aufholjagd beim Klimaschutz gefordert. "Die Menschheit, als Ganzes, liegt zur Halbzeit 1:5 hinten. Wir haben die Möglichkeit, auszugleichen, die Position zu retten, zurückzukommen, aber es wird eine Menge Kraft kosten", sagte der Regierungschef, wie britische Medien berichteten.

Die COP26 sei die letzte Möglichkeit, einen Anstieg der Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu verhindern.

Johnson verwies auf die Geschichte. "Wenn etwas schief geht, kann es mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit schief gehen", sagte er. "Das hat man beim Fall des Römischen Reichs gesehen, und ich fürchte, dass wir auch einen Absturz unserer Zivilisation, unserer Welt sehen könnten, falls wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu bekämpfen."

Johnson sagte, das Beste, das in Glasgow passieren könne, sei, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken - und auch dies werde sehr schwierig. "Wir werden den Klimawandel nicht so bald stoppen und wir werden ihn sicherlich nicht bei der COP26 stoppen." Es werde "äußerst schwierige" Verhandlungen zwischen den Entwicklungsländern und reicheren Staaten geben, beim Ziel, den CO2-Ausstoß zu senken.

Ureinwohner fordern Erhalt des Amazonasgebietes

Vor Beginn der UN-Klimakonferenz haben Ureinwohner verschiedener südamerikanischer Länder den Erhalt der Amazonasregion gefordert. "Wir sind bei der COP26, damit unser Vorschlag angenommen wird, 80 Prozent der Amazonasregion zu bewahren", sagte der Venezolaner Gregorio Díaz Mirabal am Samstag im schottischen Glasgow als Vertreter von 3,5 Millionen Indigenen in Südamerika.

Er leitet die Koordination indigener Organisationen des Amazonasbeckens (Coica), der Ureinwohner aus neun Ländern in dem Gebiet angehören, das den größten tropischen Regenwald der Erde umfasst. "Wir sind hier, um Antworten und Taten vonseiten der Staaten zu sehen", sagte Díaz vom Volk der Wakuenai Kurripaco. Es müsse eine Wirtschaftsform gefunden werden, die alle Lebensformen wertschätze und den Regenwald erhalte.

Der Regenwald des Amazonas umfasst 8,4 Millionen Quadratkilometer und 20 Prozent des Süßwassers der Erde. Kürzlich hatte Díaz im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP darauf verwiesen, dass bereits 17 Prozent des Regenwaldes durch die Öl- und Bergwerksindustrie, durch Verschmutzung sowie Abholzungen für die Landwirtschaft zerstört worden seien. Der tropische Regenwald spielt für das weltweite Klima eine herausragende Rolle.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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