Feuer

Waldbrand im Rax-Gebiet: Erstmals Ermittlungen bei Ausbruchstelle

WALDBRAND IM RAX-GEBIET: FLUGGERAeTE AUS DEM AUSLAND WERDEN EINGESETZT
WALDBRAND IM RAX-GEBIET: FLUGGERAeTE AUS DEM AUSLAND WERDEN EINGESETZTAPA/EINSATZDOKU.AT
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Am Mittwoch sind Spezialisten der Polizei an dem Ort, an dem das Feuer seinen Ausgang genommen haben dürfte. Rund 200 Einsatzkräfte und fünf Hubschrauber sind derzeit im Einsatz. Ein Waldforscher hofft auch Bewusstseinsbildung.

Auch wenn sich die Lage im Rax-Gebiet durch den Wetterumschwung entspannt hat, werden die Löscharbeiten noch bis zum Wochenende andauern. Einstweilen werden Ermittler am Mittwoch erstmals die Ausbruchsstelle für den Waldbrand in Hirschwang in der Marktgemeinde Reichenau a.d. Rax (Bezirk Neunkirchen) untersuchen. Die Exekutive vermutet eine "fremde Zündquelle" als Ursache. Bei der Brandbekämpfung werden lokale große Glutnester gezielt abgelöscht, sagte Bezirksfeuerwehrkommandant Josef Huber. Geplant waren dem Einsatzleiter zufolge auch "punktuelle Wasserabwürfe" aus der Luft. Fünf Hubschrauber standen im Einsatz.

Spezialisten des Landeskriminalamtes Niederösterreich, des Bundeskriminalamtes und der Bezirksbrandermittler sollen die - u.a. mittels Video-Aufzeichnungen der Rax-Seilbahn eruierte - Stelle untersuchen, an der das Feuer seinen Ausgang genommen haben dürfte. Dort sollen laut Polizei in der Vergangenheit immer wieder Lagerfeuer gemacht worden sein. Zudem sollen die Ermittler etwaige Spuren sichern. "Nach dem Brand und dem Löscheinsatz ist das schwierig", sagte Polizeisprecher Raimund Schwaigerlehner. Die Umfeldermittlungen laufen bereits seit mehreren Tagen. Im Zuge der Erhebungen werde auch "zahlreichen Hinweisen aus der Bevölkerung nachgegangen", sagte der Sprecher.

In der Nacht auf Mittwoch waren laut Huber immer wieder kleine Glutnester aufgeflammt, die von den insgesamt 150 Einsatzkräften bekämpft wurden. Am Mittwoch wurden erneut Hubschrauber aufgeboten, wobei die Fluggeräte aus Deutschland - Sikorsky CH-53 - nicht mehr zum Einsatz kamen. Die Helfer wurden verabschiedet, sagte Huber.

Am Mittwoch waren rund 200 Helfer u.a. damit beschäftigt, lokale Glutnester vom Boden aus zu bekämpfen. Ein weiterer Einsatzpunkt betraf einen brennenden Baum, der umgestürzt und über eine Kante gefallen war. Für Donnerstag wurde Niederschlag prognostiziert. Es wurde erwartet, dass die Löscharbeiten mindestens bis zum Wochenende dauern werden.

Gefahr falsch eingeschätzt?

Dass ein für Österreich so untypisch großer Waldbrand mit einer Fläche über 100 Hektar Ende Oktober entstehen kann, habe viele überrascht, sagte Harald Vacik von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Trotz Trockenheit lag die Einschätzung der Waldbrandgefahr bei eher "mäßig". Richtige Extrembedingungen haben zumindest in der Gesamteinschätzung nicht geherrscht: "Man sieht aber, wie bedeutend kleinklimatische Bedingungen bei der Waldbrandgefahr sind“, der Experte vom Institut für Waldbau der Boku. 

Hier handle es sich um einen Schwarzkiefern-Wald auf einem Südhang, wo mitunter kurze Zeiträume für die Austrocknung reichen. Dazu kommt die Hanglage mit mitunter starken Aufwinden, die aus einem eher leicht zu kontrollierenden kleinen Brand ein flächiges Feuer machen können. "Das war für die Feuerwehren in dieser Dimension vermutlich unüblich", sagte Vacik. Unter "normalen" Bedingungen im Oktober mit höherer Luftfeuchtigkeit sei so etwas kaum möglich.

Die Modellrechnungen der Forscher zeigen aber für den Osten Österreichs, dass sich das Risiko insgesamt erhöht. Die Klimaänderung könnte in den nächsten 50 Jahren um die 50 bis 60 zusätzliche Tage Waldbrandgefahr in der höchsten Stufe bringen. "Ja, wir werden solche Bedingungen öfters haben. Ob es aber vermehrt zu Waldbränden kommt, hängt natürlich von uns Menschen ab", betonte der Wissenschafter.

Feuer verhindern „haben wir in der Hand"

Der große Brand im südlichen Niederösterreich könne vielleicht das Bewusstsein dahin gehend stärken, künftig vorsichtiger zu sein. Waldbrände sind immerhin zu 85 Prozent von Menschen verursacht: "Das haben wir in der Hand", so der Forscher. Nahezu jedem Skifahrer ist klar, wie man sich bei erhöhter Lawinenwarnstufe zu verhalten hat. Auch im Wald müsse man sein Risikoverhalten anpassen, sich informieren, wie die Risikolage ist, und sich dementsprechend verhalten. Derartige tragische Ereignisse könnten durchaus zu mehr Achtsamkeit führen, damit es auch bei erhöhter Gefahr nicht zu solchen Bränden kommt, hofft der Forscher.

Was sich nach dem Ende des Feuers auf der abgebrannten Fläche tut, sei noch schwer abzuschätzen. Dort, wo es Bodenfeuer gab, kann die starke Borke die Schwarzkiefern durchaus geschützt haben. Wo die Baumkronen gebrannt haben, sehe dies anders aus. Vacik und Kollegen werden diese Entwicklungen auch im Rahmen eines Monitorings wissenschaftlich nachverfolgen. Es gelte herauszufinden, unter welchen Umständen Bäume absterben und was sie am Leben hält. Dazu gebe es in Österreich - auch aus Ermangelung solcher Großbrandereignisse - eher wenige Erfahrungswerte.

Starkregen ist „Worst Case"

Sollte mancherorts wirklich der ganze Humus verbrannt sein und es folgt in der nächsten Zeit Starkregen, könne dies zum "Worst case" führen, "dass es ganz schwierig ist, das wieder zu regenerieren", sagte Vacik. Komme der nackte Fels zum Vorschein, spreche man von Jahrzehnten, bis es dort über zuerst Gras und Sträucher wieder zu einer Baumvegetation kommt. Eine Frage sei auch, welche Schäden das Löschen mit Millionen Litern Wasser da und dort verursacht hat. Letztlich können die Auswirkungen sehr unterschiedlich sein, so der Experte.

Einen nachhaltigen negativen Effekt über den unmittelbaren Brandort hinaus befürchtet Vacik nicht: "Das Problem ist aber, wenn auf diesen steilen Lagen der Wald abbrennt und er dann seine Steinschlags-, Erosions- und Murenschutzfunktion nicht mehr wahrnehmen kann." Bis dies wieder gegeben ist, kann es tatsächlich Jahrzehnte dauern, da ein Jungwald dies nicht leisten kann.

(APA)

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