Umstrittene Aktion

Europarat zog Pro-Kopftuch-Kampagne vorerst zurück

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Massive Kritik aus Frankreich gegen ein Projekt für gesellschaftliche Vielfalt und Integration, bei dem die islamische Kopfbedeckung für Frauen und sogar die Verschleierung offenbar in einem zu positiven Sinn dargestellt wird.

Der Europarat, die 1949 gegründete Organisation für Menschenrechte in Straßburg, hat Twitter-Botschaften (Tweets) rund um das Kopftuch im Rahmen einer Kampagne für gesellschaftliche Vielfalt (modern „Diversität" genannt) nach massiver Kritik aus Frankreich zurückgezogen. Die Präsentation des Projekts werde derzeit überarbeitet, sagte ein Sprecher des Europarats der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.

Die französische Regierung hatte sich von den Tweets "schockiert" gezeigt und dem Europarat ihre „extreme Missbilligung" mitgeteilt, wie Jugend-Staatssekretärin Sarah El Haïry sagte.

Die zurückgezogenen Tweets spiegelten Aussagen von Teilnehmern einer Arbeitsgruppe wider, nicht aber die Meinung des Europarats zum Kopftuchthema generell, hieß es dazu am Mittwoch aus Straßburg.

„Kopftuch bedeutet Freiheit"

Auf Twitter kursierten trotz der Zurückziehung weiterhin Bilder und Texte aus der Kampagne. Darauf sind Frauen mit (islamischem) Kopftuch zu sehen, denen Pro-Kopftuch-Aussagen wie „Mein Kopftuch bedeutet für mich Freiheit" zugeordnet sind. Nach französischen Medienberichten war auch ein Video, das einen Zusammenschnitt aus verschleierten und nicht verschleierten Frauen gezeigt hat, Teil dieser Initiative.

Laut Europarat will man mit dem Projekt Vielfalt und Integration fördern und Hass und Hetze bekämpfen. Staatsekretärin El Haïry sieht darin jedoch eine Ermunterung zum islamisch motivierten Kopftuchtragen im Rahmen von „Identitätspolitik", wie sie auf Twitter schrieb.

Kulturkampf? Unterdrückung? Symbolische Landnahme?

In Frankreich und anderen Staaten auch Europas gibt es seit Jahrzehnten heftige Debatten um religiöse Verschleierung, hinter der mitunter auch  Motive wie Kultur- und Religionskampf, symbolische „Landnahme" sowie Unterdrückung der Frau geortet werden. Experten zufolge hat das Kopftuch dabei tatsächlich eine immer größere symbolische Bedeutung angenommen, nicht zuletzt in den vergangenen paar Jahren und durchaus auch unter jungen Menschen.

Die EU hat dieses Projekt gegen Hassrede laut einem Sprecher der Kommission mit 340.000 Euro gefördert. Die einzelnen Bilder seien dabei nicht abgesprochen worden. Bevor man das ganze Projekt verurteile, müsse man aber auf alle seine Teile schauen, hieß es.

Der Europarat in Straßburg ist gemeinsam mit seinem Gerichtshof für die Wahrung der Menschenrechte in den 47 Mitgliedstaaten zuständig. Er ist kein Organ der Europäischen Union.

(DPA; red.)

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