In den 1920ern war Österreichs Film im Produktionshoch - und vermarktete international ein Heimatbild. Das Filmarchiv Austria stellt zur Wiederentdeckung die Reihe „Silent Masters“ beim Wiener Filmfest vor.
In der Fachpresse sind 960 Filmtitel für den Zeitraum zwischen 1919 und 1930 zu finden: Österreichs Kinoproduktion erreichte damals Zahlen, die heute utopisch anmuten – umso mehr, als die meisten dieser Werke verloren, und von den erhaltenen die meisten so gut wie vergessen sind. Das Filmarchiv Austria stellt zur Wiederentdeckung die Reihe „Silent Masters“ beim Wiener Filmfest vor: zwölf ausgewählte Arbeiten und gelegentliche kurze Vorfilme.
So kommen Regisseure wie Max Neufeld zu Ehren, damals der wohl produktivste Austro-Filmemacher, bis zu einer Filmarchiv-Retro 2008 jedoch selten beachtet. Doch auch weltweit berühmte Namen: der Deutsche Robert Wiene (Das Cabinet des Dr. Caligari) drehte 1926 in Österreich die Feydeau-Farce Die Königin vom Moulin Rouge. Und Mihály Kertész inszenierte später als Michael Curtiz Hollywood-Klassiker wie Casablanca: 1924 absolvierte er mitDie Sklavenkönigin eine Monumentalfilm-Übung, deren US-Rechte vom Studio Paramount gekauft wurden, damit es dessen Stummfilm-Bibelepos The Ten CommandmentskeineKonkurrenz machen konnte.
Monarchie-Fantasie mit Ironie
Faszinierend an den Filmen bei der Viennale ist auch, wie ein österreichisches Selbstbild vermarktet wurde, um zeitgleiche Produktionen aus Hollywood oder Berlin zu konkurrenzieren, wobei sich Operettenstoffe und Lustspiele aus der Zeit der Monarchie größter Beliebtheit erfreuten. So spielt Neufelds Der Balleterzherzog mit Ironie eine Monarchie-Fantasie durch, in der ein älterer Adeliger zum Unwillen seiner Primadonna die jungen Elevinnen inspiziert. Nicht nur diese Komödie demonstriert auch die stilistische Eleganz des damaligen heimischen Filmschaffens: Es herrschte Raffinesse in der nuancierten Lichtsetzung und der Kamerarbeit, die das Ihre zum königlichen Vergnügen beitrugen.
„Silent Masters“: Täglich wird noch bis 2.11. im Metro-Kino ein Programm gezeigt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2010)