Nicaragua

Die Wahlposse des Ortega-Clans

Der 75-jährige Präsident, Daniel Ortega, und seine Frau, Rosario Murillo, haben für ihren Wahlsieg am Sonntag vorgesorgt: Gegenkandidaten sitzen im Gefängnis oder im Hausarrest. Und die Medien sind unter Kontrolle.

Am kommenden Sonntag wird Jubel ausbrechen, Fernsehkanäle und Radiostationen werden diensteifrig berichten über den glänzenden Wahltriumph. Und am Ende werden sie stolz vermelden, dass das erneute fünfjährige Mandat den einstigen Revolutionsführer Daniel Ortega zum mittlerweile längstdienenden Präsidenten Amerikas machen wird.
Nur ist das Verb „dienen“ in diesem Zusammenhang wohl ebenso fehl am Platz wie das Substantiv „Wahl“. Tatsächlich wären eher Wortvarianten wie „sich bedienen“ oder „Wahlfälschung“ angebracht, um die Machtausübung des 75-jährigen Präsidenten Nicaraguas und seiner fünf Jahre jüngeren Ehefrau und Stellvertreterin, Rosario Murillo, zu beschreiben. Sicher ist: Das ganze Sonntagsspektakel in Managua wird ein Großteil der Weltgemeinschaft als Farce verurteilen.
„Wir können den Wahlprozess in Nicaragua in keiner Weise als legitim betrachten“, sagte vorigen Mittwoch Josep Borrell, der Außenbeauftragte der Europäischen Union, auf Visite in Peru. Ähnlich hatte sich am 20. Oktober die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ausgedrückt. „Diese angebliche Wahl ist ein Betrug“, sagte etwa Bradley A. Freden, der US-Repräsentant in der OAS. Der Resolution stimmten 26 Staaten zu, sogar Venezuela. Auch wenn sich die Nachbarländer Honduras und Guatemala sowie die links regierten Staaten Mexiko, Bolivien und Argentinien einer Verurteilung Nicaraguas enthielten, wollte niemand das Regime und dessen Herrschaft verteidigen.

Opposition systematisch ausgeschaltet

Im Zentrum der Kritik an dem Wahlprozess steht die systematische Ausschaltung der Opposition. Sieben mögliche Gegenkandidaten warten in Haft oder unter Hausarrest auf Strafprozesse, in denen ihnen Delikte wie Vaterlandsverrat und Geldwäsche zur Last gelegt werden. Die meisten Haftbefehle basierten auf maßgeschneiderten Gesetzen, die das regimetreue Parlament Ende 2020 erlassen hatte.
Um interne Kritik an diesem beispiellosen Vorgehen auszuschalten, übernahm die Regierung nicht nur den größten Teil der letzten traditionellen Medien wie etwa die Redaktionsräume des Blatts „Confidencial“, dessen Herausgeber zu den verhafteten Präsidentschaftsanwärtern gehört. Der Ortega-Murillo-Clan ergriff offenbar auch die Meinungsführerschaft in Facebook, Instragam und Twitter. Anfang dieser Woche gab der US-Konzern Meta bekannt, dass er 937 Facebook-Mitgliedskonten, 140 Seiten, 24 Gruppen und 363 Instagram-Profile abgeschaltet habe, nachdem sich Vorwürfe von US-Menschenrechtlern erhärtet hatten, dass Nicaraguas Regierung eine Troll-Maschine betrieb.
Offenbar wurden die nun abgeschalteten Accounts – auffälligerweise vor allem zu Bürozeiten zwischen 8 und 17 Uhr – vor allem von Rechnern in Ministerien und Parteibüros gespeist. Einige Botschaften lobhudelten der Präsidentenfamilie. Aber die Mehrheit fiel unflätig über alle her, die etwas auszusetzen hatten.

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