Lohnverhandlungen

Einigung auf plus 3,55 Prozent bei Metaller-Löhnen

WARNSTREIK NACH DER ABGEBROCHEN 4. RUNDE DER METALLER-KV VERHANDLUNGEN: BUeRMOOS
WARNSTREIK NACH DER ABGEBROCHEN 4. RUNDE DER METALLER-KV VERHANDLUNGEN: BUeRMOOSAPA/FRANZ NEUMAYR
  • Drucken

Der Durchbruch gelang nach Marathongesprächen und Streiks in der fünften Runde. Die Steigerung der Ist-Löhne liegt über der aktuellen Inflationsrate.

Die Streikgefahr in der Metallindustrie ist gebannt: Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben in der fünften Runde der jährlichen Lohnverhandlungen in der Nacht auf Sonntag einen Abschluss erzielen können. Wie die Metalltechnische Industrie in einer Aussendung mitteilte, sollen die Ist-Löhne um 3,55 Prozent steigen, die KV-Löhne und -Gehälter um drei Prozent. Die Sozialpartner hatten elf Stunden lang in einer Gaststätte im Salzburger Eugendorf verhandelt.

Der Abschluss liegt über der aktuellen Inflationsrate von 3,2 Prozent, was den Arbeitnehmern wichtig war. Die Arbeitgeber hatten mit der rückwirkenden Inflationsrate von 1,89 Prozent argumentiert, die in Kollektivvertragsverhandlungen üblicherweise herangezogen wird. Entsprechend boten sie 2,75 Prozent, während die Arbeitnehmer 4,5 Prozent gefordert hatten. Sie argumentierten auch damit, dass sie im Vorjahr vor dem Hintergrund der Coronakrise einem mageren Abschluss von 1,45 Prozent zugestimmt hatten.

Verhandlungen mit Signalwirkung

Mit 134.000 Beschäftigten betrifft der Abschluss eine vergleichsweise kleine Gruppe von Arbeitnehmern. Allerdings haben die Metaller-KV-Verhandlungen traditionell Signalwirkung für andere Branchen, weswegen sie von den Gewerkschaften besonders engagiert geführt werden. Diese hatten für den Fall des Scheiterns der fünften Runde Streiks in Aussicht gestellt. Fachobmann Christian Knill meinte, dass der Abschluss "am oberen Limit" und "für viele Betriebe an der Schmerzgrenze" sei. Er warf den Gewerkschaften vor, die Verhandlungen heuer "sehr populistisch und unsachlich" geführt zu haben.

Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA zeigten sich indes erfreut über die "kräftigen Lohn- und Gehaltserhöhungen", die rückwirkend mit 1. November gelten. "Der starke Druck aus den Betrieben mit den Betriebsversammlungen und Warnstreiks hat auf Arbeitgeberseite für Bewegung gesorgt. Nur so war es möglich, ein sehr, sehr gutes Gesamtpaket inklusive kräftigen Steigerungen bei Schichtzulagen und Lehrlingseinkommen zu schnüren", erklärten die Chefverhandler Rainer Wimmer und Karl Dürtscher. "Die angekündigten Warnstreiks werden nicht stattfinden", hieß es in der Gewerkschaftsaussendung. Bis Montag werde stattdessen mit weiteren Arbeitgeberverbänden der Metallindustrie verhandelt.

Lehrlingslöhne steigen deutlich

Der nunmehrige Abschluss sieht insbesondere deutliche Steigerungen bei den Lehrlingsentschädigungen vor, die durchschnittlich um 5,5 Prozent steigen sollen und zwar von 749 auf 800 Euro im ersten Lehrjahr, von 959 auf 1.000 Euro im zweiten, von 1.255 auf 1.325 Euro im dritten und von 1.675 auf 1.750 Euro im vierten Lehrjahr. Der Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt betragen nun 2.089,87 Euro.

Die Zulagen werden laut den Gewerkschaften um 3,55 Prozent erhöht. Die Aufwandsentschädigungen steigen um 2,5 Prozent. Bei der Schichtarbeit wurde für die Zulagen ein Etappenmodell über mehrere Jahre vereinbart. Bei der dritten Schicht soll die Zulage bis 2027 um insgesamt 58,5 Prozent auf vier Euro steigen, die Zulage für die zweite Schicht werde bis November 2023 auf einen Euro verdoppelt.

Vier-Tage-Woche im Gespräch

Für die Betriebe wurden Erleichterungen bei den Rahmenbedingungen für Wochenend- und Feiertagsarbeit erzielt. Zudem haben die KV-Parteien die Einrichtung einer ExpertInnengruppe vereinbart, die sich mit neuen Modellen der Arbeitszeitgestaltung befassen soll. Die Gewerkschaften führten in diesem Zusammenhang explizit etwa die Vier-Tage-Woche, die "Zeitsouveränität" von ArbeitnehmerInnen sowie kürzere Arbeitszeiten für physisch und psychisch belastende Arbeit an.

Der Durchbruch hatte sich bereits im Laufe des Tages abgezeichnet. Schon die Wahl des Verhandlungsortes außerhalb Wiens hatte darauf schließen lassen, dass beiden Seiten an einer Einigung in klausurähnlicher Atmosphäre gelegen ist. Üblicherweise wird in Wien in der Wirtschaftskammer verhandelt, zu dem Feilschen reisen auch mehrere dutzend Betriebsräte aus ganz Österreich an. Zur fünften Runde trafen sich die Sozialpartner kurz nach Mittag in einer Gaststätte in der Nähe des Wallersee in Eugendorf. Am frühen Abend gab es eine Stärkung für die Nachtschicht, die dann aber nicht ganz so lang dauerte.

Verhandelt wurde der Kollektivvertrag (KV) für 1. November 2021 bis Novemberbeginn 2022 für rund 1.200 Betriebe, sie befinden sich im überwiegenden Maße im Familienbesitz und sind exportorientiert. Zur Metallindustrie zählt auch die Kfz-Zulieferbranche, die in Österreich einer der zentralen Industriezweige ist (z. B. Magna in Graz, das BMW-Werk in Steyr, Opel in Wien-Aspern oder ZKW sowie AVL List).

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kollektivvertrag

Metaller-KV: Wifo-Chef Felbermayr sieht hohen Abschluss kritisch

Wegen der hohen Preise für Energie und Vorprodukte sei der "verhältnismäßig hohe Abschluss" für die Industrie eine Herausforderung, meint der neue Wifo-Chef.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.