Digitale Gewalt scheint mittlerweile ein integrativer Bestandteil des Internets zu sein. Jeder zweite junge Erwachsene hat selbst Hass und Hetze im Netz erlebt, das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie.
Digitale Gewalt kann viele Formen annehmen: Hasskommentare, Drohungen per Privatnachricht und Dickpics sind nur ein paar wenige davon. „Die Veröffentlichung privater Informationen, etwa der Wohnadresse, sowie die Manipulation und der Missbrauch von Bildmaterial durch Fake-Accounts fällt ebenso unter den Begriff“, so Josephine Ballon, Leiterin der Rechtsabteilung von HateAid, einer Beratungsstelle gegen Hass im Netz und Co-Auftraggeber der Studie. Nutzerinnen und Nutzer in ganz Europa fühlen sich in derartigen Fällen von Social-Media-Plattformen oft im Stich gelassen.
Eine neue Studie zeigt nun, dass knapp ein Drittel aller Befragten zwischen 18 und 80 Jahren schon einmal von der einen oder anderen Form betroffen war. Unter jungen Erwachsenen, 18- bis 35-Jährigen, ist die Zahl besonders alarmierend. 91 Prozent haben bereits Hass und Hetze im Internet beobachtet, jeder Zweite in diesem Alter schon einmal am eigenen Leib erlebt.
Insbesondere Frauen zählen zu den Betroffenen digitaler Gewalt. Das führt zu einer Verdrängung weiblicher Stimmen im Netz. Mehr als die Hälfte der Studien-Teilnehmerinnen gaben an, aus Angst vor Hass ihre Meinung im Internet seltener zu äußern. Die größte Befürchtung gilt der Veröffentlichung gefälschter Nacktbilder oder intimen Aufnahmen ohne Einwilligung. Bei den Männern geben 35 Prozent an, aus Angst vor Hetze vorsichtiger zu handeln.
Schlechte Bewertung für Facebook, Twitter & Co.
Vier von fünf der befragten Europäerinnen und Europäer sind der Meinung, Online-Riesen wie Facebook, Google und Twitter bieten Betroffenen zu wenig Schutz. Über 90 Prozent sprechen sich für die effiziente Entfernung illegaler Inhalte durch die digitalen Netzwerke aus. Zusammen mit siebzehn europäischen Organisationen setzt sich HateAid mittels internationaler Petition für gesetzliche EU-weite Regelungen ein. EU-Politikerinnen und -Politiker seien gezwungen zu handeln und klare Regeln für Plattformen und Grundrechte für Nutzerinnen und Nutzer festschreiben. Nur so könne der Schutz der Menschen im Internet sichergestellt werden, heißt es vonseiten der Beratungsstelle gegen Hass im Netz HateAid.
„Was wir brauchen, sind Maßnahmen, die Betroffenen helfen, sich gegenüber Social-Media-Plattformen behaupten zu können“, sagt Ballon gegenüber der „Presse“. Oft werden gemeldete Beiträge seitens der Online-Riesen ignoriert oder als zulässig gewertet. „Nutzerinnen und Nutzer sollen in solchen Fällen auf rechtlichen Grundlagen gegen die Entscheidungen sozialer Netzwerke vorgehen können.“
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(evdin)