"Waffe des Schweigens"

Beichtgeheimnis als "Missbrauchsinstrument" in der katholischen Kirche

Die Presse
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In Frankreich waren Fälle bekannt geworden, in denen das Beichtgeheimnis Missbrauchsfälle vertuscht haben soll. Nun werden neue Maßnahmen zur Prävention vorgestellt. Die Empfehlungen werden auch an den Papst geschickt.

Die französischen Bischöfe haben neue Maßnahmen vorgestellt, die Missbrauch in der katholischen Kirche verhindern sollen. In eigens eingerichteten Arbeitsgruppen sollen laut Kathpress sowohl bisherige Fälle aufgearbeitet, als auch Präventionsarbeit gegen zukünftige Übergriffe geleistet werden.

Die Kirche ist Gesetz

Die Maßnahmen sind die Antwort auf einen Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission „Ciase“, der im Oktober veröffentlich worden war. Die Kirche hatte diesen im Vorfeld selbst in Auftrag gegeben. Der Bericht habe "eine Realität der Kirche enthüllt, die wir nicht sehen wollten“, so der Erzbischof von Reims, Eric de Moulins-Beaufort. Laut der Ergebnisse soll es seit 1950 rund 216.000 Missbrauchsfälle durch Priester, Ordensleute und Kirchenmitarbeiter in Frankreich gegeben haben.

Die Veröffentlichung des Berichts hatte international für Aufsehen gesorgt. Insbesondere die angebliche Instrumentalisierung des Beichtgeheimnisses in einigen Fällen sorgte für Aufruhr. Betroffene seien gezielt dazu ermutigt worden, während der Beichte von Übergriffen zu berichten, wie die New York Times berichtete. Die Regeln der katholischen Kirche würden solche Anschuldigungen unwirksam machen - die absolute Geheimhaltung der Beichte ist eines der zentralen Elemente des römisch-katholischen Glaubens. Priester, die diese Regel brechen, können exkommuniziert werden.

„Waffe des Schweigens"

Auch Moulins-Beaufort war nach dem Erscheinen des Berichts international in die Kritik geraten. Der Erzbischof sagte noch im Oktober, das Beichtgeheimnis sei stärker als die Gesetze der Republik. Nach einer Ladung ins französische Innenministerium entschuldigte er seine Aussage als „schlampige Wortwahl“. Laëtitia Atlani-Duault, Antrophologin und Mitglied der Unabhängigen Kommission zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche, bezeichnete das Beichtgeheimnis als eine „Waffe des Schweigens“, so die New York Times.

Der französische Innenminister Gérald Darmanin betonte im Oktober, dass das Beichtgeheimnis französische Priester keinesfalls von ihrer Pflicht als Bürger enthebe. Priester, die während der Beichte von einem Verbrechen an Kindern unter 15 Jahren erfahren, wären verpflichtet, dies der Justiz mitzuteilen, so Darmanin.

Die Arbeitsgruppen zur Missbrauchsprävention sollen bald starten. Die Empfehlungen von Ciase würden außerdem an den Papst weitergeleitet, so die Bischofskonferenz. Anschließend solle mithilfe eines päpstlichen Gesandten beraten werden, wie mit Betroffenen und Tätern weiter verfahren wird. Zur Höhe der Entschädigungszahlungen gab es noch keine Angaben.

(vahe)

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