Eine Tasse Kaffee kostet einmal Duschen, ein Becher Milch noch einmal Duschen. Das wäre schon zweimal Duschen für einen Caffè Latte.“ Ich würde mich natürlich hüten, zuzugeben, dass ich drei Caffè Latte am Tag trinke.
Ich schäme mich ein bisschen, es zuzugeben, aber mein schlechtes Gewissen in puncto Klimaerwärmung ist beim CO2-Ausstoß stecken geblieben. Dabei weiß heute jedes Kind, dass man mit einem großen Wasserfußabdruck genauso viel Schaden anrichten kann.
Und jedes Kind könnte mir vorrechnen, dass ich mit einem Hamburger das Duschwasser von drei Wochen verbrauche. Wahrscheinlich würde das Kind neunmalklug schauen und listig hinzufügen, dass ein Sojaburger nur dreimal Duschen kostet. Natürlich würde ich mich sofort damit verteidigen, dass ich praktisch nie Hamburger esse. Sojaburger allerdings auch nicht. „Ich ernähre mich ja eigentlich nur von Gemüse“, würde ich behaupten und dabei ein bisschen überlegen dreinschauen. „Aber dein Caffè Latte“, würde mich das Kind gleich durchschauen, „verbraucht auch nicht wenig Wasser. Eine Tasse Kaffee kostet einmal Duschen, ein Becher Milch noch einmal Duschen. Das wäre schon zweimal Duschen für einen Caffè Latte.“ Ich würde mich natürlich hüten, zuzugeben, dass ich drei Caffè Latte am Tag trinke. „Und dann der Kuchen“, würde das Kind hämisch grinsen. „Dein Marokkanischer Mandelkuchen kostet gleich noch zweimal Duschen das Stück.“
Spätestens jetzt würde ich grantig werden. „Man muss nicht jeden Tag duschen!“, würde ich rufen. Aber das Kind würde weiterrattern: „Ein Frühstücksei viermal Duschen, eine Portion Sushi fünfmal Duschen, ein Hendlhaxerl sechsmal Duschen . . .“ „Und einmal verhungern zwanzigmal Duschen“, würde ich dazwischenkeifen, „wenn man an die Entsorgungskosten denkt.“ Doch das Kind würde mich nur auslachen und sagen: „Typisch Erwachsene! Wenn man sie ein bisschen kritisiert, werden sie gleich trotzig!“
("Die Presse Schaufenster" vom 01.10.2021)