Klimakrise

Fossile Lobby größte Delegation bei Klimakonferenz

Aktivisten von Ocean Rebellion mit Ölkanistern
Aktivisten von Ocean Rebellion mit Ölkanistern imago images/ZUMA Press
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Bei der derzeit laufenden UN-Klimakonferenz in Glasgow vertreten über 500 Delegierte die Interessen der fossilen Industrie. Das geht aus einer Untersuchung der NGO Global Witness hervor.

Derzeit findet in Glasgow die 26. Weltklimakonferenz, auch COP26 (Conference of the Parties) genannt, statt. Dazu haben sich knapp 40.000 Delegierte aus über 190 Ländern in der schottischen Stadt eingefunden. Sie verhandeln darüber, wie die weltweite Klimaerhitzung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. Die NGO Global Witness hat die offizielle Liste der Delegierten von der UNO unter die Lupe genommen. Demnach kommt die größte Delegation – größer als jede Länderdelegation – aus der fossilen Industrie.

Mindestens 503 Personen sollen für die Klimakonferenz akkreditiert und direkt oder indirekt mit der fossilen Industrie verbandelt sein. Brasilien hat mit 483 Personen die größte Delegation eines einzelnen Landes entsandt. Die fossile Lobby ist auch stärker vertreten als jene acht Länder, die seit 2000 am stärksten von der Klimakrise betroffen sind. Bangladesch, Haiti, Pakistan, Mosambik, die Philippinen und die Bahamas haben gemeinsam nur 464 Delegierten nach Glasgow entsandt. Puerto Rico und Myanmar sind gar nicht vertreten.

Die Teilnahme der Delegierten, die sich für die Interessen der fossilen Industrie einsetzen, könnte laut Global Witness die Verhandlungen über notwendige Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise weiter verzögern oder davon ablenken. Das Verbrennen von fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle oder Gas ist die Hauptursache für die klimaschädlichen Treibhausgase, die die Klimakrise immer weiter anheizen.

Murray Worthy von Global Witness sagt gegenüber der BBC, dass der Einfluss der fossilen Industrie einer der Hauptgründe sei, „warum 25 Jahre von UN-Klimaverhandlungen nicht zu einer wirklichen Reduktion der globalen Emissionen geführt haben“.

Über 100 Öl- und Gasunternehmen vertreten

Die Abgesandten der fossilen Industrie vertreten bei der heurigen Klimakonferenz über 100 Öl- und Gasunternehmen wie etwa Shell und BP. Einige der Vertreter der fossilen Industrie sind als Teil einer Länderdelegation angereist, etwa aus Kanada oder Russland. Teil der fossilen Lobby auf der COP26 sind auch Verbände und Interessensgemeinschaften wie die Internationale Emissionshandelsgemeinschaft (IETA).

Die IETA ist mit über 100 Delegierten vertreten. Laut Global Witness, stehen hinter der Gemeinschaft große Ölunternehmen, die mit und gleichzeitig weiter Öl und Gas fördern. Einer der IETA-Delegierten ist der Klimaberater von Shell David Hone. Der CEO von Shell hatte vergangene Woche eigentlich angekündigt, dass das Unternehmen bei der Konferenz nicht vertreten sein werde, da man sich „nicht willkommen“ fühle.

„Die größten Bösewichte der Welt"

Greta Thunberg kritisiert die Teilnahme der fossilen Industrie auf Twitter: „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich fühle mich sicher nicht wohl damit, dass einige der weltweit größten Bösewichte das Schicksal der Welt beeinflussen und diktieren."

Global Witness fordert gemeinsam mit anderen Organisationen, dass die Lobbyisten der fossilen Industrie von der Konferenz ausgeschlossen werden. Genauso, wie auch Vertreter der Tabakindustrie nicht zu Verhandlungen über öffentliche Gesundheit zugelassen sind.

Schon im Vorfeld der Klimakonferenz hatten Klimaaktivisten kritisiert, dass die Anreise für Teilnehmer aus dem globalen Süden unter anderem wegen fehlenden Covid-Impfungen und den hohen Kosten nicht möglich sei. Einige kleiner Inselstaaten hatten gewarnt, dass sie keine Regierungsvertreter nach Glasgow schicken könnten. Die starke Vertretung der fossilen Lobby auf der UN-Klimakonferenz steht dazu in scharfem Kontrast, so Global Witness.

(red.)

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