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Rolls-Royce kündigt Entwicklung von Mini-Atomkraftwerk an

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Der britische Technologiekonzern feuert den Trend hin zu kleinen modularen Reaktoren an. Deren Entwicklung wird auch mit Klimaschutz begründet, was Umweltschützer in zwei Lager spaltet. Rumänien und die USA gaben erst kürzlich so ein Projekt bekannt.

Der britische Technologiekonzern Rolls-Royce will Miniatur-Atomkraftwerke entwickeln und so zum Klimaschutz beitragen. Das kündigte das Unternehmen, dessen gleichnamige Auto-Sparte seit zwei Jahrzehnten zu BMW gehört und das unter anderem Antriebstechnik und andere Systeme für Flugzeuge, Schiffe und U-Boote baut, am Dienstag an.

Für das als SMR (Small Modular Reactor) bezeichnete Programm seien Investitionen von umgerechnet rund 230 Millionen Euro geplant, hieß es in einer Mitteilung. Hinzu kommen demnach Mittel aus einem staatlichen Topf für Grüne Energien in Höhe von rund 245 Mio. Euro."

„Mit der Rolls-Royce-SMR-Technologie haben wir eine saubere Energie-Lösung entwickelt (...)", sagte Rolls-Royce-Chef Warren East. Nach Schätzungen des Unternehmens könnten durch das Programm 40.000 neue Arbeitsplätze in Großbritannien entstehen. Profitieren soll davon vor allem der wirtschaftlich abgehängte Norden des Landes.

Kleiner, billiger, sicherer, schneller im Bau

Ein solches Kraftwerk solle gesamt so groß sein wie zwei Fußballfelder und werde Energie für etwa eine Million Haushalte produzieren, hieß es in der Mitteilung. Diese Größenangabe ist allerdings ungenau und es ist unklar, ob damit nur der Reaktor oder die Gesamtanlage gemeint ist. In einem Papier vom Vorjahr heißt es nämlich, dass der eigentliche Reaktor etwa 0,6 Hektar Fläche einnimmt - Fußballfelder sind meist 0,7 ha groß - und die Gesamtanlage vier Hektar ausmacht.

Bis es soweit ist, wird nach Schätzung von Rolls-Royce jedenfalls noch ein Jahrzehnt vergehen.

Während der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng die Pläne lobte, wurden sie von einigen Umweltschützern kritisiert. Diese sind bei dem Thema ohnehin gespalten. Nicht zuletzt die aktuelle Öko-Ikone Greta Thunberg etwa hatte Kernenergie zunächst als okay im Sinne des Umweltschutzes bezeichnet, diese Meinung aber wieder geändert. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der weltweite Energiebedarf, dessen Wachstum gerade auch durch die von Umweltschützern erwünschte Elektrifizierung des Verkehrs turbomäßig beschleunigen wird, allein durch erneuerbare Quellen (Wasser, Wind, Sonne) decken lässt, gilt indes vielfach als gering, speziell in weniger ideologisch und ökodogmatisch denkenden Kreisen, bei Unternehmern, Technikern, Investoren etc.

In Großbritannien wird derzeit mit der Erweiterung des großen AKW-Standorts Hinkley Point nahe Bristol (zwei Reaktoren in Betrieb, zwei stillgelegt) ein neues konventionelles AKW mit wiederum zwei Reaktoren gebaut. Ein weiteres Werk ist geplant. Nach Angaben der BBC kommt etwa ein Fünftel des in Großbritannien generierten Stroms derzeit aus Atomkraftwerken.

Bis zu 16 SMRs in Großbritannien?

Rolls-Royce hatte 2019 große Teile seiner zivilen Nuklearsparte an den US-Konzern Westinghouse verkauft, aber den Bereich künftiger Kleinreaktoren behalten. Bereits Ende 2020 hieß es, man plane den Bau von bis zu 16 SMRs in Großbritannien.

Die Rolls-Royce-Kleinreaktoren sind als Druckwasserreaktoren der modernsten Technik mit einer Leistung von etwa 440 bis 470 Megawatt Strom ausgelegt - im Vergleich zu anderen SMR-Konzepten ist das sehr viel, üblicherweise ist dort die Obergrenze bei 300 MW. Herkömmliche Groß-Reaktoren haben heute meist mehr als ein Gigawatt elektrischer Leistung.

So wie auch bei anderen SMR-Plänen werden die Reaktoren samt allem Zubehör in Fabriken modulweise vorgefertigt (zu etwa 90 Prozent, heißt es) und vor Ort zusammengesetzt. Rolls-Royce strebt eine Gesamtbauzeit bis zur Inbetriebnahme von etwa vier Jahren an, wobei der Kern in rund 500 Tagen fertig sein solle.

Geldfresser Hinkley Point

2019 waren als avisierte Kosten umgerechnet rund zwei Milliarden Euro für die fünfte Einheit dieser Art genannt worden, Tendenz sinkend. Zum Vergleich: Die genannte Erweiterung von Hinkley Point erbringt rund 3,2 Megawatt elektrisch, freilich bei Kosten von schon mehr als 25 Mrd. Euro und auf einer Baufläche von über 170 Hektar. Der Bau begann nach jahrelangem Vorspiel 2018, ab 2026 könnte Strom erzeugt werden.

Aktuell wird in zahlreichen Ländern auf mehreren Kontinenten an Small Modular Reactors gearbeitet. Sie sollen extrem sicher im Betrieb sein, einfacher und schneller im Bau sowie kostengünstiger als Groß-AKWs, vor allem auch auf Energie-Bedürfnisse kleinerer Einheiten wie einzelner Städte, Dörfer, Industriekomplexe und Militärbasen abtimmbar. Es gibt auch Entwürfe zu mobilen Reaktoren dieser Art.

US-rumänisches Pionierprojekt

Am Rande des Weltklimagipfels in Schottland haben die USA und Rumänien übrigens erst kürzlich ein vermutlich historisches Pilotprojekt vereinbart: Die US-Firma NuScale soll demnach in Rumänien bis 2028 mehrere SMRs mit jeweils 77 Megawatt E-Leistung bauen. Das osteuropäische Land könnte dadurch zum Pionier dieser Technik in Europa aufsteigen. Siehe dazu diese Geschichte.

(DPA/wg)

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