Klima-Schlusspapier: „Integrität der Mutter Erde“

Hallein
Hallein(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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In Glasgow kursieren die ersten Entwürfe (und Forderungen) für den Text des Schlussdokuments.

Zum Start der zweiten Verhandlungswoche auf der Klimakonferenz macht den ersten Zug auf dem Schachbrett der Verhandlung Alok Sharma. Als Regierungsmitglied des Veranstalterlandes (Staatsminister im Cabinet Office der britischen Regierung) ist er Verhandlungsführer auf der Klimakonferenz und hat eine erste Punktation für das Abschlussdokument der COP 26 in Glasgow vorgelegt. Dieses „Non Paper“ ist über drei Seiten eine Sammlung von Schlag- und Stichworten. Umweltorganisationen – insbesondere das Climate Action Network habe ebenfalls mit einer Auflistung von – aus deren Perspektive – essenziellen Themen geantwortet.

Die von Alok Sharma vorgelegte Unterlage kommt – nicht zufällig – rechtzeitig zum Beginn der Verhandlungsrunden, an denen auch die Umweltministerinnen teilnehmen. Dieses „Non Paper“ wird noch einige Male überarbeitet, ehe es den Status eines offiziellen Entwurfs bekommt. Der wird dann immer wieder umformuliert wird – idealerweise bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es einen Konsens gibt. Auf Klimakonferenzen bedürfen die Beschlüsse der Einstimmigkeit.

Fest steht: Im nächsten Jahr geht die Klimakonferenz in Ägypten in Szene, wieder im Dezember. Bis dorthin sollen die Berichtspflichten der Länder über Maßnahmen zum Klimaschutz intensiviert werden – und auch die Bewertung der Maßnahmen. Außerdem schlägt Sharma in seinem „Non Paper“ vor, dass auch über die Anpassung an Klimaänderungen berichtet werden muss. Jene Staaten, die dies bisher noch nicht getan haben, sollen ihrs NDC (Nationally Determined Contributions) so nachschärfen, dass bis 2050 Klimaneutralität erreicht wird.

Die Schlagworte deuten auch darauf hin, dass erneut betont werden soll, wie wichtig die wissenschaftliche Grundarbeit des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist und wie wesentlich es ist, diese Erkenntnisse im politischen Handeln Rechnung zu tragen. Diese Feststellung ist wichtig, denn: Obgleich die Klimaänderung und der anthropogene Einfluss unter Wissenschaftler völlig außer Streit stehen, halten nicht alle Politiker Gegenmaßnahmen wichtig. Deswegen ist auch die Forderung nach „verstärkten Einsatz im Lichte der Wissenschaft“ ein wesentliches Element.

Sharma bring auch in den Beginn der Diskussion die „Integrität der Mutter Erde“ ein, was „nachhaltige Entwicklung, Armutsbekämpfung und Klima-Gerechtigkeit“ bedeuten müsse. Unter den Schlagworten ist die „tiefe Betroffenheit“, dass die Industrieländer zu ihren finanziellen Zusicherungen nicht in vollem Umfange gestanden sind. Das Geld soll, so das „Non-Paper“, eine wichtige Rolle im Schlussdokument einnehmen.

Es geht darum, dass für Vermeidung von Treibhausgasen und für Anpassung mehr Geld zur Verfügung steht, und für die Bewältigung von Naturkatastrophen und direkten Folgen des Klimawandels ein zusätzlicher Geldtopf geschaffen wird. Letzteres betrifft vor allem die am  wirtschaftlich schwächsten entwickelten Staaten und „Small Island States“. Hier wird der Lackmustest für das Abschlusspapier sein, welche Verbindlichkeit in die Formulierungen gepackt und welche Wortwahl sich durchsetzen wird.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat diesen Entwurf Sharma’s am heftigsten vor allem dafür kritisiert, was in der Auflistung nicht enthalten ist. Es fehle die Erklärung, dass aus den fossilen Energien ausgestiegen werde und dass es Kohle, Öl und Gas seien, die das Problem der Klimaerwärmung in diesem Ausmaß vorangetrieben hätten. Eine derartige Passage würde jedenfalls eine starke Ablehnung von Australien und Saudi-Arabien auslösen.

Ein klares Phase-out-Szenario für die fossilen Energien ist auch eine zentrale Forderung des Climate Action Network. Das CAN, eine Allianz Dutzender Umweltorganisationen, hat eine Auflistung bereits in der Nacht auf Montag vorgelegt. Gefordert wird ein klares Bekenntnis, dass die Förderungen für fossile Energien gestoppt werden müssten, Abbau und Förderung dürften weder von Privaten noch von der öffentlichen Hand unterstützt werden, heißt es. Außerdem müsse ausdrücklich die Reduktion von Methan erwähnt werden.

Von hoher Bedeutung ist für CAN auch, dass es ein ganzheitliches Verständnis geben müsse – als Absage auch an das Hoffen auf noch völlig unklare technische Lösungen. Gefordert wird zudem, dass das Recht auf eine gesunde Umwelt anerkannt und bei den Vereinten Nationen ein „Special Rapporteur“ für Menschenrechte und Klimawandel geschaffen wird.

Und, logisch, im Papier von CAN geht es auch ums Geld: Demnach sollten die Industrienationen die bisherige Zusage von 100 Mrd. $ erfüllen und dann in weiterer Folge verdoppeln werden. Außerdem müsse es – um mit loss and damage fertig zu werden – zusätzliches Geld geben, damit Naturkatastrophen und Klimaänderungen bewältigt werden können. Wie stark diesen Punkten Rechnung getragen werde, mache - so CAN - den Unterschied aus, ob die COP26 mit einem Durchbruch ende oder in die Geschichte der Klimakonferenzen „das größte Fiasko in einem Jahrzehnt“ eingehe.

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