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Seniorenruhe für Phukets Elefantinnen

Am Ende ihres Lebens können diese Elefanten endlich das sein, was sie nie sein durften: einfach Elefanten.
Am Ende ihres Lebens können diese Elefanten endlich das sein, was sie nie sein durften: einfach Elefanten. Martin Amanshauser
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Aufzeichnungen über ein Pensionistenheim für Elefanten, das erste ethische Projekt Phukets.

An der Grenze zum Khao-Phra-Thaeo-Nationalpark leben auf zwölf Hektar tropischem Land zwölf greise Elefantinnen in einem Pensionistenheim namens „Phuket Elephant Sanctuary“ – mit sechs Pflegerinnen und einem Tierarzt. Das älteste Tier ist 86. Die NGO kauft ramponierte Exemplare auf, meist weibliche, denn Eigentümer geben Bullen (Stoßzähne, Zucht) ungern ab. Bei betagten Elefanten nehmen Teile der Haut eine orange-pinke Pigmentierung an, das Knochengerüst tritt hervor, zum Schlafen lehnen sie sich irgendwo an – aus Angst, nicht mehr aufstehen zu ­können. Entlastung finden sie im Hydro-Pool und bei Spaziergängen, die man von einem fünf Meter hohen Pier beobachten kann.

Ganz wie in jedem Altersheim existieren Zweierfreundschaften ebenso wie Animositäten zwischen Individuen. Die monatlichen Haltungskosten betragen 500 Euro pro Elefant, plus die Gage für den Mahout (Elefantenführer). Sämtliche Fünf-Kilo-Hirnmasse-Dick­häuter blicken auf traumatisierte Lebensläufe zurück. Sie mussten in der Holzindustrie, im Transportwesen – sie schleppen bis zu fünf Tonnen – oder als Attraktion in Camps und Shows arbeiten. Bei der Zähmung im Jugendalter wurde ihr Wille durch Folter gebrochen. Verletzte, behinderte und geschundene Individuen müssen in vielen Fällen trotz schwerer psychischer Probleme bis zum Eingehen weiterdienen.

Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Thailand vereinzelt Transport-, Kriegs-, doch auch etwa 100.000 wild lebende Elefanten. Mit der Industrialisierung änderte sich die Koexistenz mit dem Menschen dramatisch. Gewinnorientierte Waldrodung minimierte ihren Lebensraum, wobei die Elefanten vielfach selbst beim Abholzen behilflich waren. Heute gibt es nur noch knapp 4000. Corona hat die Zufluchtsstätte durch­einandergeschüttelt. Die Hälfte der großteils burmesischen Mahouts zog es während der Krise in ihr Heimatland zurück. Seitdem herrscht Personalmangel neben dem Besucherschwund. Ein Abstecher zum ersten ethischen Elefantenprojekt Phukets ist jedenfalls um vieles sinnvoller als abusives touristisches Elefantenreiten. Füttern darf man eh auch. 

("Die Presse Schaufenster" vom 5.11.2021)

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