Smart Farming

Auf dem Weg zur Landwirtschaft 4.0

Logistik
Logistik(c) Huawei
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Auf den Bauernhöfen zieht zunehmend Hightech ein. Verschiedene Pilotprojekte in Österreich lassen erahnen, wie sich die Abläufe in der Landwirtschaft künftig gestalten könnten.

Mit der steigenden Weltbevölkerung und dem Klimawandel steht die Landwirtschaft vor enormen Herausforderungen. Immer mehr Nahrungsmittel müssen auf immer weniger Landwirtschaftsfläche produziert werden, und dies möglichst klimaschonend. Große Bedeutung soll dabei Smart Farming zukommen, sprich dem Einsatz von Data Analytics, künstlicher Intelligenz oder des Internet of Things (IoT). Laut dem britischen Marktforschungsinstitut Juniper Research wird das Volumen des Agritech-Markts von neun Milliarden Dollar im Jahr 2020 auf 22,5 Milliarden Dollar im Jahr 2025 ansteigen.

Drohnen und 5G

Zu den heimischen Pionierinitiativen zählt ein Projekt am Weingut Nussböck im oberösterreichischen Leonding, bei dem erstmals Drohnen und die 5G-Technologie für das Monitoring großer Ackerflächen und die gezielte Anwendung von Düngemitteln eingesetzt werden. „Drohnen sind die Zukunft der Landwirtschaft. Man kann große Flächen schnell befliegen und sofort sehen, wo auf dem Feld Bedarf an Dünger oder Wasser besteht. Gleichzeitig können wir damit den Einsatz von Pestiziden massiv verringern“, sagt David Hopf, CEO des oberösterreichischen Drohnendienstleisters Dronetech Austria. Die Spezialdrohnen sind mit hochauflösenden Farb- und Multispektralsensoren bestückt, um den Gesamtzustand des Feldes sowie Löcher in der Bepflanzung zu beurteilen. In der Folge werden Indexe erstellt, die unter anderem Rückschlüsse darauf zulassen, wie gesund eine Pflanze ist.

Vernetzt sind die Drohnen über ein 5G-Modul des Projektpartners Huawei. „5G wurde für drei wesentliche Anwendungsfelder entwickelt“, erläutert Erich Manzer, Deputy CEO von Huawei Österreich. „Für hohe Bandbreite, geringe Latenzzeiten, und um Millionen von Devices zu verbinden. In diesem speziellen Smart-Farming-Projekt fokussieren wir auf hohe Bandbreite und übertragen die Bilder in Echtzeit auf einen Server, um sie anschließend mittels künstlicher Intelligenz zu analysieren.“

Ein breiterer Einsatz solcher Technologien sei aber derzeit noch Zukunftsmusik, meint Andreas Reichhardt vom Bundesministerium Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. „Für eine zukunftsfitte, smarte Landwirtschaft mit 5G-Drohnen ist aktuell die Netzversorgung im ländlichen Raum die größte Herausforderung.“

Internet der Tiere

Dass man diese Herausforderung auch anders lösen kann, zeigt das Projekt „Weide-GPS“ der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein. Um Bauern beim Auffinden von Weidetieren zu unterstützen, wurden 85 österreichische Almen mit GPS-Trackern aus der Fahrzeugindustrie ausgestattet, die über das klassische GSM-Mobilfunknetz laufen. Auf den Almen, die dafür keine Netzabdeckung hatten, funkten die Weidetiere mit den Trackern von Digitanimal über das Zero-G-Funknetz des IoT-Providers Sigfox Austria. Der Tracker macht die Position der Tiere sichtbar. Alle 30 Minuten wird den Bauern per App auf dem Smartphone eine Benachrichtigung über den Aufenthaltsort gesendet – so können sie gut zwei Drittel der Arbeitszeit einsparen. „Wir glauben, dass die Technologie den Almbetrieb in Zukunft deutlich verbessern kann“, sagt Projektleiter Reinhard Huber.

Über die reine Positionsbestimmung hinaus können die Tracker auch bei der Optimierung der Weideplanung helfen. So ermöglichen die Daten den Bauern, die Bewegungsmuster auf den einzelnen Flächen festzustellen, um damit einer Verbuschung der Weideflächen gezielt vorzubeugen. Die Niederfrequenz-Funktechnologie eignet sich zudem für eine Reihe von weiteren Anwendungen, etwa die Messung von Wasserständen oder die Überwachung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit.

Landwirte fit machen

Einigkeit herrscht unter Experten, dass an der digitalisierten, intelligenten Landwirtschaft 4.0 kein Weg vorbeiführen wird. „Neue innovative Ansätze sind unabdinglich, wenn alle Herausforderungen und Erwartungen an die landwirtschaftliche Produktion – Stichwort Green Deal – bewältigt werden sollen“, meint Landwirtschaftskammer-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger und betont zugleich: „Die Investitionen in Technik dürfen und werden nie Selbstzweck sein, sondern müssen einen konkreten betrieblichen Nutzen bringen. Dieser Nutzen kann in der Steigerung der Tiergesundheit, der effizienteren Ausbringung von Betriebsmitteln oder in der physischen Arbeitsentlastung liegen.“

Um die Landwirte für die Smart-Farming-Revolution fit zu machen, braucht es zudem entsprechende Bildungsangebote. „Dabei geht es einerseits darum, Bildung und Beratung auf digitalem Weg möglich zu machen, andererseits aber natürlich auch um die digitalen Technologien im Betrieb“, sagt Martin Hirt, Projektleiter für Digitalisierung am Ländlichen Fortbildungsinstitut Österreich (LFI). Ein Ansatz dazu ist das Pilotprojekt „Innovation Farm“, bei dem Forschungsstandorte, Unternehmen sowie Landwirtschaftskammern und Bildungsträger zusammenarbeiten.

PROJEKT „INNOVATION FARM“

Unter dem Motto „Farming for Future“ beschäftigt sich die Innovation Farm an drei Standorten (Wieselburg und Mold, NÖ, Raumberg-Gumpenstein, Steiermark) sowie in 20 Pilotbetrieben in ganz Österreich mit neuen Technologien und Entwicklungen. Ziel ist es, durch das Zusammenspiel von Hersteller und Forschung praxisnahe Lösungen der Landwirtschaft 4.0 bereitzustellen.www.innovationfarm.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2021)

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