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Hochsaison für Weinlogistiker

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Vom richtig temperierten Lager bis zum Versand in speziellen Verpackungen – Wein und Spirituosen stellen an die Logistik besondere Anforderungen.

Nicht Dutzende, sondern Hunderte oder Tausende verschiedene Weine, darunter erlesene Kostbarkeiten, von denen eine Flasche mehrere Tausend Euro kostet – solche Dorados für Weinkenner befinden sich mitunter in nüchternen Lagerhallen. Dort wird allerdings nicht gustiert und genossen, sondern hart gearbeitet: Weinlogistik ist ein herausforderndes Geschäft, das viel Know-how und umfangreiche Serviceleistungen erfordert. Andreas Leithner, damals Logistiker bei einer Fluglinie, erkannte schon vor knapp 20 Jahren, dass in diesem Bereich spezielle Lösungen gefragt sind. Der Weinliebhaber kündigte seinen Job und machte sich selbstständig. Heute beschäftigt seine Firma Wein-Lagerlogistik 20 Mitarbeiter und bietet 270 Kunden ein ausgeklügeltes Dienstleistungspaket.

Temperatursensible Lagerung

Zum Beispiel Lagerung und Versand von Weinen für Winzer aus dem Burgenland, der Steiermark und Niederösterreich. Ihre Weine werden von Leithners Firma auf dem Hof abgeholt und im Hochregallager im burgenländischen Parndorf bei optimalen Temperaturen von zwölf bis 17 Grad gelagert. Verkäufe übermitteln die Weinhauer elektronisch direkt aus dem Kellerbuch an Wein-Lagerlogistik. Dort erfolgen Kommissionierung und Versand, egal ob es sich um einige Flaschen für Privatkunden oder umfangreiche Sendungen für Restaurants, Großhändler oder Lebensmittelketten handelt. Die Empfänger sitzen rund um den Globus, erzählt Leithner: „Wir liefern in nahezu alle Länder der Erde frei Haus, also inklusive aller Zollformalitäten.“

Im Auftrag nationaler und internationaler Weinhändler übernimmt Wein-Lagerlogistik zudem Abholungen bei unterschiedlichen Produzenten, sammelt die Bestellungen und transportiert sie zu den Auftraggebern, von denen einige ebenfalls auf anderen Kontinenten sitzen. Herstellern hochprozentiger alkoholischer Getränke offeriert das Unternehmen in Parndorf temporäre Steuerbefreiung: „Wir haben die Berechtigung zum Betrieb eines Steuerfreilagers“, erzählt Leithner. Whisky, Rum, Sliwowitz und andere Spirituosen, die der Alkoholsteuer unterliegen, können dort gelagert werden. Die Steuer fällt erst bei Lieferung der Ware an den Kunden an. „Das läuft gut“, sagt Leithner, „denn die Steuer kostet in Summe viel Geld, und das wäre bei längerer Lagerung gebunden.“

Aktiv im Bereich Weinlogistik ist auch DB Schenker tätig. Das Unternehmen führt etwa seit 2017 Lagerhaltung, Transporte und Versand für den österreichischen Weinhändler Wein & Co durch: „Unser Lager wurde damals nicht mehr den Anforderungen des Betriebes gerecht, nach gründlichem Überlegen haben wir uns statt für einen Neubau fürs Outsourcing entschieden“, erzählt Christoph Fiedler, Logistikchef von Wein & Co. Die Lösung habe sich bewährt und funktioniere gut, berichtet er. Auch Personalsorgen fallen weg: „Wir hatten 26 Mitarbeiter in unserem Lager, DB Schenker beschäftigt an diesem Standort rund 200 Menschen, Ausfälle können so in der Saison leicht ausgeglichen werden.“ Logistikpartner Schenker lagert für Wein & Co.auf 2500 Palettenstellplätzen rund 2000 verschiedene Weine sowie andere Produkte des Unternehmens und führt den Versand sowohl an Konsumenten als auch an Gastronomie und Großkunden sowie die eigenen Niederlassungen durch. Alle Bestellungen werden elektronisch an das Logistikunternehmen übermittelt. Um die Qualität der Weine nicht zu beeinträchtigen, hält man die Zustellzeiten für die Lkw-Lieferungen kurz. „Klimatisierte Transporter benötigen wir deshalb selten“, sagt Fiedler. Anders, wenn von Wein & Co. in Frankreich, Spanien oder Italien eingekaufte Wa-re ins Lager transportiert wird: „Dann werden Transporter eingesetzt, die die richtige Temperatur gewährleisten.“

Corona beschert Versandboom

Der Versand kleinerer Mengen erfolgt in der Regel mittels Post oder DPD. Für beide Unternehmen ist Weinlogistik mittlerweile ein kleines, aber feines Zusatzsegment. DPD hat sich auf Winzer und Businesskunden spezialisiert. Und das Geschäft läuft gut – nicht zuletzt wegen Corona. Mehr als 240.000 Weinpakete gingen im Vorjahr via DPD aus Österreich auf die Reise, gegenüber 2019 eine Steigerung um 64 Prozent, berichtet Rainer Schwarz, Geschäftsführer von DPD Austria. „Allein im April 2020 hatten wir eine Zuwachsrate von 200 Prozent.“

In den kommenden Wochen herrscht für die Weinlogistiker wieder Hochbetrieb: „Wir haben schon im August mit der Planung begonnen, statt in einer Schicht wird bei Schenker für uns jetzt in drei Schichten gearbeitet“, erzählt Fiedler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2021)

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