EPU

Frauen gründen grüner

Marin Goleminov
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Auffallend viele Frauen wollen sich jetzt mit einem nachhaltigen Herzensthema selbstständig machen. Dabei gibt es vieles zu berücksichtigen.

Finanzchefin eines Chemieunternehmens beendet ihre erste Karriere und berät jetzt in Sachen Nachhaltigkeit: So lässt sich die Metamorphose von Maria Gottenhuber in einem Satz zusammenfassen.

Zu lange hatte es ihr „wehgetan“, wenn andere bedenkenlos im Flugzeug um die Welt jetteten, Schnitzel aus Massentierhaltung aßen und für ihre Schokolade Kinder aus der Dritten Welt schuften ließen. „Wir können nicht weiter auf Kosten anderer Generationen dahinleben wie bisher.“

Als das Unbehagen übermächtig wurde, zog die langjährige Finanz- und Controllingleiterin die Konsequenzen: Raus aus dem alten Job, rein in eine Selbstständigkeit als Nachhaltigkeitsberaterin für Firmen und als Sinnfluencerin („SinnSache“) für Privatpersonen, denen sie „ein nachhaltiges Leben ohne Verzicht“ nahebringt.

Bestandsaufnahme

Corona hatte auch etwas Gutes: als Nachdenkpause, als Katalysator für die Entscheidung, dem Leben eine neue Richtung zu geben. Auffallend viele Frauen nützten die Zeit und machten sich in einem Bereich selbstständig, der ihrem Herzen näher lag als der alte Job.

Ganz einfach ist das nicht. Als One-Woman-Shows müssen sie viele Bereiche abdecken, die ihnen nicht alle liegen. Gottenhuber hatte Glück: Das Betriebswirtschaftliche brachte sie mit, auch die Finanzen und das Steuerliche werden ihr keine Probleme bereiten. Sogar den Gewerbeschein als Unternehmensberaterin besitzt sie. Und wie man Unternehmenskunden anspricht, hat sie nach so vielen Jahren im Management im kleinen Finger.

Gründerinnen-in-spe sei eine Bestandsaufnahme empfohlen: Was bringe ich mit, worauf kann ich aufbauen? Was fehlt mir?

► Gewerbeberechtigung. Findet sich das künftige Gewerbe auf der Liste der „Freien Gewerbe“ des Wirtschaftsministeriums (https://bit.ly/3CYYeGQ), steht einem Start nichts im Weg. Ansonsten muss vorab noch eine Gewerbeberechtigung erworben und das Gewerbe bei der WKO angemeldet werden.

► IT/Technik: Die meisten EPU brauchen IT- und technische Unterstützung. Es empfiehlt sich, sich vom Start weg so digital wie möglich aufzustellen, Belege etwa digital zu verarbeiten. In den Softwareangeboten muss man sich allerdings erst einmal zurechtfinden.

► Marketing/Verkauf: Viele frühere Angestellte müssen zum ersten Mal in ihrem Leben ihre Leistung anpreisen und verkaufen. Gottenhuber etwa gab „einige tausend Euro“ für eine professionelle Website und für ihren Auftritt auf LinkedIn und Instagram aus.

 Finanzwissen. EPU sind ihre eigenen Buchhalter, Controller und Steuerexperten. Natürlich kann man vieles an den Steuerberater delegieren, doch je mehr der übernimmt, desto teurer wird es. Dennoch ist seine Hilfe gerade bei der Gründung Gold wert.

► Versicherung/SVS: EPU müssen sich auch selbst um ihre Versicherung kümmern. Bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS, früher: SVA) muss man sich spätestens anmelden, wenn absehbar ist, dass mehr als 5710,32 Euro Jahreseinkommen (2021, grob: Einnahmen minus Ausgaben) überbleiben. „Vergisst“ man diese Anmeldung, erfährt die SVS spätestens in Folgejahr über den Einkommenssteuerbescheid des Finanzamts davon. Die beiden sind vernetzt. Und sie meinen es gut, wenn sie ein EPU zwei Jahre (Finanzamt) bzw. drei Jahre (SVS) in Ruhe arbeiten lassen. Dann aber wird nachgerechnet und nachgefordert und ab sofort auch eine jährliche Vorauszahlung verlangt. Diese geballte Wucht trieb schon so manches EPU in den Ruin. Von Anfang an Rücklagen bilden!

Wer sich in all diesen Themen fit machen will, dem sei das Unternehmensgründungs-Programm des AMS ans Herz gelegt. Dort werden die Geschäftsidee durchleuchtet, fehlende Qualifikationen aufgerüstet und die Gründung helfend begleitet. Extra-Bonus: In dieser Zeit gibt es auch Arbeitslosenunterstützung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13. November2021)

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