Emissionen

Verkehr bleibt Österreichs Klima-Sorgenkind

Die Presse/Clemens Fabry
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In vielen Sektoren Österreichs sinken die Emissionen, im Verkehr steigen sie weiter. Bis 2040 muss ein Drittel der Autofahrer umsteigen.

Wien. Während in Schottland verhandelt wird, wie man die Klimakrise global in den Griff kriegt, ist auch in Österreich bei Weitem nicht sicher, ob die gesteckten Ziele – allen voran die Klimaneutralität 2040 – erreicht werden. Ein Sektor hinkt nach wie vor bei der Reduktion der Treibhausgase hinterher: der Verkehr. Darauf machte der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) mit einer am Dienstag präsentierten Analyse erneut aufmerksam.

Emissionen

Österreich hat sein CO2-Budget fast aufgebraucht. Um die UN-Klimaziele erreichen zu können, dürfen noch 287 bis maximal 517 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen werden. „Machen wir so weiter wie bisher, erreichen wir die Obergrenze irgendwann zwischen 2025 und 2028, rechnet Verkehrsexperte Michael Schwendinger vor. Während sich die Treibhausgasemissionen bei Gebäuden, im Industrie- und Energiesektor oder bei der Abfallwirtschaft seit 1990 verringerten, sind sie im Verkehr bis 2020 laut Umweltbundesamt um 6,8 auf 20,6 Millionen Tonnen gestiegen. Indirekte Emissionen, also jene durch die Herstellung von Fahrzeugen oder den Infrastrukturbau, sind hier nicht mit einberechnet – genauso wenig wie Auslandsflüge.

Bis 2030 sollen die Emissionen (laut Klimaschutzgesetz von 2015) auf 15,7 Millionen Tonnen schrumpfen. Zieht man die Zielvorgabe des EU-Plans „Fit for 55“ heran, dürfen es bis dahin nur noch sieben Millionen Tonnen sein, um bis 2040 tatsächlich auf null zu sinken.

Angebot und Nachfrage

Was also treibt den Verkehr an? Unter anderem das Angebot, das laut Schwendinger die Nachfrage bestimmt. „Werden Straßen ausgebaut, nimmt der Kfz-Verkehr zu.“ Dasselbe Prinzip könne man aber auch auf den Schienenverkehr oder das Radfahren anwenden. „Verkehrsinfrastrukturen sind langlebig, sie bestimmen das Mobilitätsverhalten auf Jahrzehnte“, sagt Schwendinger. Straßen weiter auszubauen sei im Zuge der Klimakrise also kontraproduktiv.

Bisher gebe es ein Ungleichgewicht: Während zwischen 2000 und 2021 das Autobahn- und Schnellstraßennetz um 321 Kilometer wuchs und der Anteil der Strecken mit drei oder mehr Spuren pro Fahrtrichtung von fünf auf 18 Prozent stieg, schrumpfte das Schienennetz im selben Zeitraum um 535 Kilometer. Will man, dass die Menschen das Auto stehen lassen, müsse man für angemessene Alternativen sorgen.

Kosten

Der Ausbau des Straßennetzes ist nicht nur klimapolitisch problematisch, er verursacht auch eine Menge an Kosten: Die Kosten allein für neue Autobahnen und Schnellstraßen beliefen sich im Jahr 2020 laut Asfinag auf 499 Millionen Euro. Dazu kamen noch einmal 527 Millionen Euro an Erhaltungskosten. Diese verdoppelten sich in den vergangenen 15 Jahren.

Mobilitätswende

Will Österreich bis 2040 klimaneutral sein, muss eine Trendwende her, sagt Schwendinger und verweist auf Berechnungen des Umweltbundesamts: Im „Modal Split“, also dem Anteil der jeweiligen Verkehrsmittel an den zurückgelegten Kilometern, müsse sich demnach der Anteil der Pkw um rund ein Drittel von 61 Prozent im Jahr 2018 auf 42 Prozent bis 2040 verringern. Im selben Zeitraum müssen sich jene Strecken, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, von 16 auf 23 Prozent erhöhen. Die aktive Mobilität, also Rad fahren oder zu Fuß gehen, muss sich in den nächsten 20 Jahren von 23 auf 35 Prozent erhöhen. Das passiere aber nicht von selbst, denn Mobilitätsverhalten sei gewohnheitsgetrieben, so Schwendinger. Neben dem Angebot müssten auch Anreize her, wie zuletzt das Klimaticket.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2021)

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