Migration

Belarus-Krise: Mehrzahl der Schlepper in Deutschland lebende Zuwanderer

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GERMANY-POLAND-BELARUS-EU-MIGRANTS-POLITICSAPA/AFP/JENS SCHLUETER
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Deutschland und Finnland Hauptziele der Migranten - Tausende verbrachten weitere Nacht in Kälte

Die meisten der bisher im Zusammenhang mit der Belarus-Migrationskrise in Polen und anderswo festgenommenen Schlepper, die über Belarus kommende Migranten beim Weiterzug in die EU unterstützen, leben in Deutschland. Das berichtet die deutsche Zeitung „Welt" am Donnerstag unter Berufung auf ein internes vertrauliches Dokument der EU-Kommission mit dem Titel „Situationsbericht: Migrations- und Flüchtlingslage".

Die meisten Festnahmen betrafen demnach Fahrer von - meist gemieteten - Pkw und anderen Fahrzeugen, die Migranten (meistens aus Syrien, aber auch aus Afghanistan, Iran, Irak, Jemen etc.) durch Polen zumindest nach Deutschland befördern wollten. Laut dem EU-Dokument ist interessanterweise auch Finnland aktuell ein beliebtes Ziel der über Belarus andrängenden Menschen.

Was indes die Fahrer bzw. Schlepper betrifft, so sind diese den Angaben zufolge ihrerseits meistens Bürger dritter Staaten, etwa aus dem Iran, Syrien, dem Irak und der Türkei, die „in Deutschland wohnen" - also de facto in der Regel ihrerseits einst Zugezogene bzw. Migranten. Unter den bisher Festgenommenen seien ansonsten noch Belarussen mit polnischen Schengen-Visa sowie in den Niederlanden lebende Syrer.

Syriens Assad-Regime in Migrantenflüge verwickelt?

Dem EU-Dokument zufolge transportiere die belarussische Fluggesellschaft Belavia in Zusammenarbeit mit Turkish Airlines auf vier bis sieben Flügen pro Woche Migranten von Istanbul nach Minsk, berichtet die „Welt" weiter. Dabei fänden jeweils bis zu 180 Passagiere Platz. Auch die Zahlen irakischer und syrischer Bürger, die über Dubai nach Minsk fliegen, steige: Fly Dubai Airline fliege täglich von Dubai her.

Auch eine syrische private Fluglinie ist laut dem Dokument beteiligt: die Cham Wing Airlines. Gegen sie wurden 2016 US-Sanktionen wegen Flugzeuggeschäften mit dem Iran verhängt, sie soll auch syrische Söldner etwa nach Libyen geflogen haben. Haupteigentümer von Cham Wing soll übrigens ein Cousin von Syriens Diktator Baschar al-Assad sein.

Russland könnte neue Route Richtung Estland öffnen

Zudem stärkt der Bericht die Vermutung, wonach auch Russland am Orchestrieren des Migrationsstroms mitmischt, der Europa destabilisieren solle und Rache für EU-Sanktionen gegen Belarus sein dürfte: So gebe es laut dem EU-Dokument Informationen, wonach der relativ kleine Flughafen von Pskow (Pleskau) in Nordwestrussland bald auch für internationale Ankünfte offen sein wird. Konkret genannt wurden als Startländer Ägypten, die Türkei und Belarus.

Pskow ist, je nach Messpunkt, nur etwa 34 bis 60 Kilometer von der Grenze zum EU-Staat Estland entfernt, auch Lettland liegt sehr nahe.  Das könnte also eine weitere Route für Migranten mit Ziel EU schaffen, sofern Moskau zu so einem offensichtlichen Akt wirklich bereit ist.

Der Flughafen Pskow wird bisher nur für russische Inlandsflüge sowie durch das Militär genützt. Die Stadt (rund 210.000 Einwohner) ist strategisch wichtig gelegen und ein bedeutender Militärstützpunkt, neben Einheiten der Luftwaffe ist hier vor allem die 76. Garde-Luftsturmdivision stationiert. Sie wird im Zusammenhang mit Kriegsplanungen immer wieder als „Hammer" genannt, der blitzartig nach Estland und dort in kurzer Zeit bis zur Ostsee vorstoßen könnte, um so die kleine Republik von EU und Nato isolieren. Umgekehrt sind daher dort Truppen aus mehreren Nato-Ländern in Bataillonsgröße auf Rotationsbasis stationiert, aktuell primär aus Frankreich und Großbritannien.

(APA/AFP/DPA/red.)

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